Was soll denn der Schei..!?

Im Bereich der Unternehmenstransaktionen ist meine besondere Leidenschaft der Bereich "Distressed M&A" - die Übertragung eines Unternehmens aus der Krise.

Oft werde ich erst beauftragt, wenn ein vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt ist. Wenn der eine Möglichkeit sieht, das Unternehmen fortzuführen, komme ich ins Spiel, um einen Investor zu finden und dafür zu sorgen, dass das Unternehmen und seine Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Auf die Plätze ...

So geschehen in der Woche vor Weihnachten. Der Insolvenzantrag war spät gestellt worden - die Eröffnung des Insolvenzverfahrens sollte am 1. Februar erfolgen. Für den kompletten Investorenprozess blieb damit nur ein Zeitrahmen von gut einem Monat.

Wenn ein solcher Auftrag kommt, passiert bei mir das gleiche, wie bei dem Duracell-Hasen nach dem Einlegen einer neuen Batterie. Ich komme sofort "in Wallung".

Ich habe also sofort einen Termin im Unternehmen mit dem Geschäftsführer vereinbart, damit ich alle relevanten Daten zum Unternehmen zusammen bekomme und kurzfristig ein Verkaufsexposé erstellen kann.

Der vorläufige Insolvenzverwalter war bereits im Unternehmen gewesen und hatten die gesamte Belegschaft über das Insolvenzverfahren und seine nächsten Schritte informiert - darüber, dass er das Unternehmen fortführen wird, dass Löhne und Gehälter über das Insolvenzgeld gesichert sind, über die Investorensuche und den geplanten Erhalt der Arbeitsplätze. Die Arbeitnehmer kannten also den Ernst der Lage.

In einer derartigen Situation stehen die Arbeitnehmer in aller Regel machen weiter ihren Job, damit die Arbeitsplätze auch langfristig erhalten werden können. In aller Regel.

... Fertig.

Um so überraschter war ich, als das Unternehmen außer dem Geschäftsführer und einer Empfangsdame ("Ich bin eigentlich nicht da, weil ich eigentlich Urlaub habe.") menschenleer war und alle Maschinen in der Produktionshalle stillstehen.

Zu der zwei Tage später seitens des Insolvenzverwalters angeordneten Inventur das gleiche. Außer dem Geschäftsführer erschien niemand. Alle "krank".

Währenddessen lief in den Tagen um Weihnachten hier im Büro die „Maschine“ auf Hochtouren. Das Verkaufs-Exposé musste fertig werden, die Recherche nach potentiellen Investoren abgeschlossen und die Versandliste erstellt werden. Eigentlich könnte es jetzt losgehen.

Tatsächlich winken der Geschäftsführer und der vorläufige Verwalter ab. Die schlechte Stimmung im Unternehmen ist Programm und die Arbeitsverweigerung auch den Kunden nicht unbemerkt geblieben, die ihre Aufträge nicht rechtzeitig bekommen. Dringend benötigte Aufträge bleiben aus. Die Fortführung kippt, die Investorensuche wird abgebrochen und das Unternehmen eingestellt.

Und all jene, die meinten, aus stummen Protest dem Insolvenzverwalter symbolisch den Mittelfinger zeigen zu müssen, indem sie einfach nicht mehr zur Arbeit erscheinen und die Fortführungsbemühungen sabotieren, werden am Ende auf der Straße stehen.

Das macht mich echt sauer.

Ich bin ein Kind aus einer Arbeiterfamilie. Mein Vater war über 35 Jahre Monteur bei einem großen Bremer Unternehmen für industrielle Feuerungstechnologien. Meist war er monatelang im Ausland (Schweden, Afrika, Frankreich, USA). Als Kinder haben wir ihn wenig gesehen - meist nur an Wochenende, bevor er montags mit frischer Wäsche im Koffer für die nächsten Wochen wieder los musste. Aber seine Arbeit war ihm so wichtig, dass er, als er einmal einem Bremer Lokalreporter vor das Mikrofon lief und gefragt wurde, was ihm das wichtigste in seinem Leben sei, er tatsächlich antwortete: Meine Firma!

Auch wenn er "nur" ein Monteur war, so fühlte er sich trotzdem immer als ein Teil des Ganzen. So ein bisschen, als wäre der Laden ein Stück weit auch seiner. Und wenn er dann nach wochenlanger Abwesenheit nach Hause kam und er seine Abrechnungen in die Firma brachte und ich ihn als kleines Mädchen begleiten durfte, dann war das immer total toll. Ein großer Industriebetrieb mit großen Hallen, schwere und laute Maschinen, der Geruch nach Maschinenöl. Das fand ich schon als kleines Mädchen beeindruckend!

Und das ist bis heute so geblieben: Wenn ich heute durch gewerbliche/produzierende Unternehmen gehe, dann finde ich das noch immer großartig und bin echt wie so ein bekloppter Freak versessen darauf, das Unternehmen zu erhalten. Unbedingt.

Und Arbeitnehmer, die aus Ignoranz alle Bemühungen boykottieren und sich damit um ihren Arbeitsplatz zu bringen, gehen mir echt gegen den Strich! (Und das ist die freundliche Formulierung...)

 

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Scherbenhaufen

Und täglich grüßt das Murmeltier ... (Geschäftsführerhaftung)

Der Klassiker der Geschäftsführerhaftung aus dem Bericht des Insolvenzverwalters:

"Die Verbindlichkeiten des Schuldners stammen nach meinen Ermittlungen im Wesentlichen aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der T GmbH.

Nach Einleitung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen dieses Unternehmens war er persönlich gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB durch diverse Sozialversicherungsträger wegen der von der T GmbH nicht abgeführten Beiträge in Anspruch genommen worden.Read more


Do it like me - Privatinsolvenz

My flow, my show brought me the dough
That bought me all my fancy things
My crib, my cars, my pools, my jewels
Look nigga, I done came up and I ain't changed

Aus In Da Club von 50Cent

Dass der Musiker Curtis James Jackson III aus, wie er sagt, "strategischen Gründen" (a/k/a "will/kann nicht zahlen") Insolvenz angemeldet hat, nachdem ihn ein Gericht zu ein paar Millionen Schadensersatz verurteilt hatte, dürfte sich herumgesprochen haben. Auch dass er dem Vernehmen nach seinem Gärtner und seinem Stylisten (Hä?) Geld schuldet, war so ziemlich überall zu lesen.Read more


I have my pockets full of money!

Übertragende Sanierung oder "Distressed M&A" ist ein heißes Thema! Binnen kürzester Zeit muss ein Investor gefunden werden, der ein in Insolvenz befindliches Unternehmen, das sich meist in Fortführung durch den Insolvenzverwalter befindet, erwirbt und fortführt!

Potentielle Investoren kann man sich (nicht immer) aussuchen, manchmal wird man auch einfach gefunden ...

Verhandlungsort Ruhrgebiet: Ein insolventes Unternehmen aus dem Maschinenbau soll im Rahmen einer übertragenden Sanierung erhalten werden. Der Investor hat nach eigenem Bekunden die Taschen derart voller Geld (eigene Aussage), dass er vor lauter Reichtum nicht weiß wohin damit.Read more


Ein insolventer Insolvenzverwalter, ein Arzt und die Vergütung (BGH)

Der heute veröffentlichte Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 18.12.2014 im Verfahren IX ZB 5/13 hat eine etwas kuriose Einkleidung:

Insolvenzverwalter 2, der das Vermögen des pleite gegangenen Insolvenzverwalters 1 verwaltet, streitet sich mit dem Gericht um die Höhe der Vergütung, die Insolvenzverwalter 1 im Verfahrens über das Vermögens eines Arzt zusteht. Nun ja, die Zeiten waren überall schon mal rosiger.Read more


Leuchtbuchstaben

cashfix.de - much ado about nothing.

Cashfix.de, bzw. die dahinter stehende Multi-Media-Trade GmbH, ist eine Firma, die gebrauchte Dinge - insbesondere CD, DVD, Videospiele, Konsolen - ankauft. Der Verkäufer scannt die EAN-Codes ein, druckt einen Paketaufkleber aus und schickt das Zeug dann an Cashfix.de.

Am 19. November 2014 hat nun das Amtsgericht Hagen die vorläufige Insolvenzverwaltung angeordnet und den Kollegen Dr. Dirk Andres zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt.Read more


Abzocke

Gefunden im Bericht des Insolvenzverwalters über eine Arztpraxis mit 2 (!) Ärzten (Text zwecks Anonymisierung leicht angepasst):

"Ein weiterer, erheblicher Kostenfaktor ergibt sich aus einem Beratervertrag mit der Consult GmbH über ein Controlling und Coaching im Zusammenhang mit der Neugründung der Praxis.

Allein aus diesem Vertrag ergeben sich nur für das erste Jahr Kosten in Höhe von 126 T€, ohne, dass sich erkennen lässt, dass die Gesellschaft ihr Praxiscontrolling besonders gut und vor allem sortiert, transparent und plausibel aufgestellt hätte.

Im Gegenteil: es ist auffällig, dass die Gesellschafter trotz der erst kurzen Zeit der selbstständigen Tätigkeit und der eingeschalteten Berater den Überblick über die betriebswirtschaftlichen Rahmendaten ihrer Praxis ebenso verloren haben, wie über die Dokumentation der Geschäftsunterlagen."

Ja: Controlling! Ist! Wichtig! Sich nicht übers Ohr zu hauen lassen aber auch!

Und weil es so schön ist, hier noch einmal unsere Grafik zur Frage Macht Selbständigsein reich?


Ist das Buch jetzt endlich zu?

"Auch das schlechteste Buch hat seine gute Seite: die letzte!"

 John Osborne

Wir sanieren Unternehmen und lesen daher schon von berufswegen die Insolvenzbekanntmachungen.

Ich konnte mir eine Gefühl der Genugtuung nicht verkneifen, als ich heute las, dass vor dem Amtsgericht Hannover das vorläufige Insolvenzverfahren über ein Unternehmen angeordnet wurde das sich selbst Unternehmensberatung nennt und auf seiner Internetseite damit wirbt, 2010 als Top Consultant ausgezeichnet worden zu sein.

Ich kenne das Unternehmen aus meiner Zeit in einer Zivilkammer am Landgericht Hannover Read more


Graffiti

Insolventer Ex-Anwaltsnotar als Unternehmensberater (BGH)

Der Bundesgerichtshof hat im gestern veröffentlichten Beschluss vom 26. Juni 2014 (IX ZB 87/13) zu einer Frage Stellung genommen, die mich auch schon mehrfach beschäftigt hat:

Wie ist das Einkommen eines Insolvenzschuldners zu behandeln, der bereits Altersrente bezieht und daher keine Erwerbsobliegenheit mehr hat? Read more


Deutsche Wirtschaft verändert ihre Einstellung zur Insolvenz

"Über weit mehr als 100 Jahre zieht sich die Spur des wirtschaftlichen Scheiterns durch die deutsche Wirtschaftsgeschichte als eine Geschichte des persönlichen Versagens, aber nicht als eine normale Folge unternehmerischen Handelns oder als der notwendige Ausleseprozess eines marktwirtschaftlich orientierten Wirtschaftssystems"

stellt Prof. Dr. Hans Haarmeyer im Editorial der ZInsO 20/2014 fest und konstatiert, dass sich mit dem ESUG der Gesetzgeber erstmals seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert mit den wirklichen Gründen von Insolvenzverschleppung und -vermeidung befasst habe.

Eine Bestätigung dafür, dass der von Gesetzgeber eingeschlagene Weg richtig ist, sieht Prof. Haarmeyer in der Creditreform-Frühjahrsbefragung 2014, bei der 40% der befragten Unternehmen angegeben haben, dass sie künftig eine Sanierung unter Insolvenzschutz als Option zur Beseitigung wirtschaftlicher Krisen nutzen wollen.

Er hält dies für mehr als ein "Licht am Ende des Tunnels" - hoffen wir es.