Übertragende Sanierung oder „Distressed M&A“ ist ein heißes Thema! Binnen kürzester Zeit muss ein Investor gefunden werden, der ein in Insolvenz befindliches Unternehmen, das sich meist in Fortführung durch den Insolvenzverwalter befindet, erwirbt und fortführt!

Potentielle Investoren kann man sich (nicht immer) aussuchen, manchmal wird man auch einfach gefunden …

Verhandlungsort Ruhrgebiet: Ein insolventes Unternehmen aus dem Maschinenbau soll im Rahmen einer übertragenden Sanierung erhalten werden. Der Investor hat nach eigenem Bekunden die Taschen derart voller Geld (eigene Aussage), dass er vor lauter Reichtum nicht weiß wohin damit.

Kurze Zeit später kommt er samt wasserstoffblonder Begleitung zum Termin; Lemmy Kilminster lässt grüssen.

Den Kaufpreis (immerhin stattliche Mio. € 1.85) akzeptiert er ohne Verhandlung. Details des umfangreichen Anlagevermögens interessieren ihn nur am Rande, auch die Besonderheiten einer Übertragung aus der Insolvenz, die ich ihm erklären möchte, sind nicht sein Ding. Ihm und seinen Mitinvestoren – sämtlichst Rockstars und dick im Geschäft bzw. russische Unternehmer – gehe es mehr um das große Ganze.

Stattdessen unterhält er uns mit Anekdoten aus seiner (angeblichen) wilden Ex-Rockstar-Karriere (inklusive des dazugehörigen Paketes an Sex, Drugs & Jails), denen die Geschäftsführer und deren Berater am Verhandlungstisch wehmütig und mit roten Ohren lauschen.

Märchenstunde or What the hell is going on?

Am Ende der „Verhandlungen“ entschwebt der „Rockstar“ und die Anwesenden (nicht alle) freuen sich über einen mündlich zugesagten tollen Deal. Nur ich melde – ganz die Spielverderberin – Zweifel an. Die anderen am Verhandlungtisch finden mich unentspannt und überbesorgt.

Macht nix, denn ich sollte recht behalten (auch wenn ich gerne unrecht gehabt hätte): Der Goldjunge ist nämlich prompt nicht mehr zu erreichen. Nach Stunden der Recherche bewahrheitet sich meine Ahnung: unser Rockstar ist – logisch – kein Rockstar und schon gar nicht hat er die Taschen voller Geld, sondern ist aus unerfindlichen Gründen darauf spezialisiert, sich als irgendjemand auszugeben, der er nicht ist. Warum, weiß wohl nur er selbst.

Wenn also demnächst bei Ihnen ein Typ mit Lederjacke und Taschen voller Geld vor der Tür steht, rufen Sie mich an – ich kenn‘ mich aus mit Rockstars.

P.S. Das Unternehmen wurde letztlich doch noch übertragen. Auf einen seriösen Investor. No Rockstar.

P.S.S. Holzauge sei wachsam!