Bild eines Tresors

Wie die Vergütung der Insolvenzverwalter gestiegen ist

Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG) vom 22.12.2020 (pdf) wurde unter anderem die Vergütung für Insolvenzverwalters geändert.

Wir haben hier schon öfter etwas dazu geschrieben, wie die Insolvenzverwaltervergütung funktioniert. Hier haben wir es ausführlich erklärt.

Zuerst wird die Regelvergütung auf Basis der bereinigten Insolvenzmasse nach einer prozentualen Staffel berechnet. Auf diesen Betrag werden ggf. Zuschläge geltend gemacht, die die Regelvergütung leicht um 200% oder mehr erhöhen können – das entspricht dann beispielsweise der dreifachen Regelvergütung. Außerdem kommen pauschalierte Auslagen hinzu, die im Regelfall 30% der Regelvergütung betragen.

Wesentliche Änderung durch das SanInsFoG ist die Änderung der Staffelvergütung für die Ermittlung der Regelvergütung. Die entsprechende Norm § 2 InsVV lautet jetzt:

(1) Der Insolvenzverwalter erhält in der Regel

1. von den ersten 35.000 Euro der Insolvenzmasse 40 Prozent,
2. von dem Mehrbetrag bis zu 70.000 Euro 26 Prozent,
3. von dem Mehrbetrag bis zu 350.000 Euro 7,5 Prozent,
4. von dem Mehrbetrag bis zu 700.000 Euro 3,3 Prozent,
5. von dem Mehrbetrag bis zu 35.000.000 Euro 2,2 Prozent,
6. von dem Mehrbetrag bis zu 70.000.000 Euro 1,1 Prozent,
7. von dem Mehrbetrag bis zu 350.000.000 Euro 0,5 Prozent,
8. von dem Mehrbetrag bis zu 700.000.000 Euro 0,4 Prozent,
9. von dem darüber hinausgehenden Betrag 0,2 Prozent.

Außer der Anpassung der Progression wurde aufgrund steigender Massen in Großerfahren auch die Progressionsgrenze verschoben. Bisher lag diese bei 50 Mio. €, nach neuem Recht bei 700 Mio. €. Eine Gegenüberstellung der Gesetzesversionen findet sich hier.

Wie sich die Regelvergütung durch die Gesetzesänderung geändert hat, zeigt die nachfolgende Grafik:

Vergütung des InsVV

Auf der X-Achse ist die Berechnungsgrundlage nach § 1 InsVV abgetragen und auf der Y-Achse die Höhe der Regelvergütung – auf diese sind dann ggf. Zuschläge anzuwenden und sie dient als Grundlage für die Berechnung der Auslagen nach § 8 Abs.3 Satz 2 InsVV.

Besonders bemerkbar machen sich die Änderungen aber nicht in erster Linie bei den Großverfahren, sondern bei der großen Zahl der kleinen Verfahren. Bei einer Berechnungsgrundlage von 100.000,00 € steigt die Vergütung um 15.475,00 €, bei einer Berechnungsmasse von 250.000,00 € um 16.225 € und bei einer Berechnungsmasse von 1 Mio. € um 24.375,00 €

Die Änderungen gelten für Insolvenzverfahren, die ab dem 1. Januar 2021 beantragt worden sind (Art. 103m EGInsO).


Was bedeutet das Gerichtsvollzieherschutzgesetz für Schuldner?

Der Bundestag hat heute den vom Rechtsausschuss geänderten Entwurf zum Gerichtsvollzieherschutzgesetz angenommen.

Damit wird unter anderem § 36 der Insolvenzordnung (InsO) geändert, der die Insolvenzmasse definiert. Dies hat Folgen für selbständige Schuldner, die in Insolvenz fallen:

Nachdem dort zunächst bestimmt wird, dass Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen auch nicht zur Insolvenzmasse gehören, bestimmt Abs. 2 Nr. 2:

„Zur Insolvenzmasse gehören jedoch […] die Sachen, die nach § 811 Abs. 1 Nr. 4 und 9 der Zivilprozeßordnung nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen.“

Nach dem Regierungsentwurf sollte diese Nummer den folgenden Wortlaut bekommen:

„Zur Insolvenzmasse gehören jedoch […] im Fall einer selbständigen Tätigkeit des Schuldners die Sachen nach § 811 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Tiere nach § 811 Absatz 1 Nummer 8 Buchstabe b der Zivilprozessordnung.“

Was das genau bedeutet, kann man allerdings nur dann verstehen, wenn man sich § 811 ZPO anschaut, der mit dem gleichen Gesetz ebenfalls geändert wird.

Bisher gehörten bei Selbständigen die zur Aufrechterhaltung der selbständigen Tätigkeit im Wirtschaftsbetrieb erforderlichen Gegenstände nur in Ausnahmefällen zur Insolvenzmasse (Landwirtschaftliches Gerät und Vieh sowie bestimmte Vorräte und die zum Betrieb einer Apotheke unentbehrlichen Geräte und Gefäße). Der Rest war unpfändbar.

Nach dem Regierungsentwurf sollten hingegen generell alle Sachen, die der Schuldner für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder eine damit in Zusammenhang stehende Aus- oder Fortbildung benötigt sowie Tiere für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit zur Insolvenzmasse gehören. Das hätte beispielsweise das Fahrzeug einer selbständig tätigen Hebamme betroffen oder die Massageliege eines Masseurs. Diese hätten die Sachen dann ggf. vom Insolvenzverwalter zurückkaufen müssen.

Hierdurch sollen weitergehende Möglichkeiten für eine Fortführung oder Veräußerung eines schuldnerischen Betriebs durch den Insolvenzverwalter geschaffen und die Befriedigungsaussichten für die Gläubiger verbessert werden. Der Insolvenzverwalter kann allerdings hinsichtlich der neu erfassten Sachen nach § 35 Absatz 2 und 3 InsO über die Freigabe einzelner Vermögensgegenstände zur Fortführung der selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit entscheiden.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat das in seiner Sitzung entschärft und folgenden Zusatz hinzugefügt, den der Bundestag nun angenommen hat:

„hiervon ausgenommen sind Sachen, die für die Fortsetzung einer Erwerbstätigkeit erforderlich sind, welche in der Erbringung persönlicher Leistungen besteht.“

Für Selbständige, die die Stellung eines Insolvenzantrags erwägen, ist das eine gute Nachricht. Trotzdem wird aus unserer Sicht vor Einleitung eines Insolvenzantrags eine genauere Planung erforderlich, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.

 


Insolvenzverwalter warnen Betriebsinhaber vor Haftung

Mal ganz ehrlich: haben Sie noch einen Überblick, wer nach der aktuellen Rechtslage wann einen Insolvenzantrag stellen muss?

Wenn nicht, befinden Sie sich in guter Gesellschaft. Denn um eine Insolvenzwelle durch die Folgen der COVID-19-Pandemie zu verhindern, hat der Gesetzgeber die entsprechenden Gesetze so oft geändert, dass man leicht den Überblick verliert. Auch die Übergangsvorschriften im Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung sind alles andere als übersichtlich: Test gefällig? Schauen Sie hier.

Viele Unternehmer glauben, dass keinen Insolvenzantrag stellen muss, wer wegen der Corona-Krise in echten Zahlungsschwierigkeiten ist.

Das stimmt allerdings nur teilweise: die Antragspflichten sind nicht generell ausgesetzt. Vielmehr gelten Ausnahmen von der strengen Antragspflicht von Februar bis Ende April nur noch für die wenigsten Betriebe.

Aus diesem Grund haben die im VID und im Gravenbrucher Kreis zusammengeschlossenen Insolvenzverwalter nun davor gewarnt, dass sich Unternehmer in der aktuellen Corona-Krise trotz Ausnahmen bei der Insolvenzantragspflicht unwissentlich strafbar machen.

Bei vielen Unternehmen sei noch nicht angekommen, dass sie Gefahr laufen, in die Haftung zu rutschen.

Sollten die betreffenden Unternehmen später doch noch Insolvenz anmelden müssen, werde rückwirkend ein verspäteter Antrag und der Verdacht auf Insolvenzverschleppung geprüft. Das könne die Unternehmer teuer zu stehen kommen.

Neben der Strafbarkeit, die sich vor allem aus § 15a der Insolvenzordnung (InsO) und oft auch § 266a des Strafgesetzbuchs (StGB) ergibt, ist ein weiterer Punkt die im Dezember 2020 neu geregelte Haftung in § 15b InsO. So muss der Geschäftsführer beispielsweise Zahlungen ersetzen, die er nach Eintritt der Antragspflicht geleistet hat, was oftmals auch eine Privatinsolvenz zur Folge hat.


Foto des Schriftzuges des Finanzamts Bad Bentheim:

Bei Zahlungsunfähigkeit muss ab 01.10.2020 wieder ein Insolvenzantrag gestellt werden

Im März hat der Gesetzgeber die Insolvenzantragspflicht zunächst bis zum 30.09.2020 ausgesetzt; darüber hatten wir hier und hier berichtet. Das galt jedenfalls dann, wenn das Unternehmen am 31.12.2019 noch nicht insolvenzreif war und die Krise auf die COVID 19-Pandemie zurückzuführen ist.

Nun hat die Regierungskoalition beschlossen, diese Aussetzung bis zum Jahresende für Unternehmen zu verlängern, die zwar überschuldet, aber nicht zahlungsunfähig sind (Link zur Meldung der Bundesregierung). Es ist damit zu rechnen, dass kurzfristig ein entsprechendes Gesetz eingebracht und auch beschlossen wird.

Was positiv klingt, bedeutet aber auch, dass für Unternehmen die (auch) zahlungsunfähig sind, in einem Monat wieder die bisherigen Regeln gelten. Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen das Unternehmen in eine Krise geraten ist.

Vereinfacht: Bei GmbH und GmbH & Co. KG die nicht innerhalb von drei Wochen mindestens 90% ihrer fälligen Verbindlichkeiten tilgen können, muss die Geschäftsführung einen Insolvenzantrag stellen (genauer hier und hier).

Die Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht des Deutschen Anwaltvereins schreibt dazu

"Wer sich als Geschäftsführer auf die Schlagzeile ‚Insolvenzantragspflicht ausgesetzt‘ leichtfertig verlässt, begibt sich in ein hohes Haftungsrisiko. In einem späteren Insolvenzverfahren kann der Insolvenzverwalter alle Zahlungen von ihm persönlich zurückfordern, die nach Eintritt einer tatsächlich doch greifenden Insolvenzantragspflicht aus einer Gesellschaft noch erbracht wurden […] Darüber hinaus schützt die Aussetzung der Antragspflicht in keinem Fall davor, dass Vertragspartner den Geschäftsführer in Haftung nehmen, wenn dieser noch Verträge für die eigentlich zahlungsunfähige Gesellschaft geschlossen hat, ohne den Vertragspartner über das Risiko eines Zahlungsausfalles aufzuklären."

Wenn Sie es noch nicht getan haben, ist es jetzt allerhöchste Eisenbahn, sich um das Thema zu kümmern. Vereinbaren Sie am besten direkt einen Termin.

Keine Panik - wir kümmern uns.


Flaggen

Ab Oktober schneller zur Restschuldbefreiung

Die Richtlinie über Restrukturierung und Insolvenz (EU-Richtlinie 2019/1023) schreibt unter anderem vor, dass unternehmerisch tätige Personen Zugang zu einem Verfahren haben müssen, das es ihnen ermöglicht, sich innerhalb von drei Jahren zu entschulden. Die Richtlinie ist bis zum 17. Juli 2021 in nationales Recht umzusetzen. Über die Richtlinie hatten wir vor geraumer Zeit berichtet.

Anfang Juli hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf beschlossenen, mit dem die Richtlinienvorgaben zur Restschuldbefreiung umgesetzt werden sollen.

Künftig soll es bis zur Restschuldbefreiung nur noch drei Jahre statt bisher im Regelfall sechs Jahre dauern. Anders als bislang soll es dabei künftig für die Restschuldbefreiung nicht mehr erforderlich sein, dass die Schuldnerinnen und Schuldner ihre Verbindlichkeiten in einer bestimmten Höhe tilgen.

Zudem sollen die Regelungen nicht nur, wie in der Richtlinie vorgesehen, für unternehmerisch tätige Schuldnerinnen und Schuldner gelten, sondern auch für Verbraucherinnen und Verbraucher.

Neu ist allerdings, dass Schuldnerinnen und Schuldner in der Wohlverhaltensphase nun auch Gewinne in Lotterien etc. in vollem Umfang an den Treuhänder herausgeben müssen.

Auch ein neuer Versagungsgrund ist dazu gekommen: die Restschuldbefreiung entfällt, wenn der Schuldner im Laufe des Verfahrens unangemessenen Verbindlichkeiten begründet.

Die Verfahrensverkürzung soll für Verbraucherinnen und Verbraucher aber erst einmal auf Bewährung gelten und ist bis zum 30. Juni 2025 befristet. Rechtzeitig vorher sollen die Auswirkungen auf das Antrags-, Zahlungs- und Wirtschaftsverhalten von Verbraucherinnen und Verbraucher geprüft werden.

Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre soll für alle Insolvenzverfahren gelten, die ab dem 1. Oktober 2020 beantragt werden. Damit sollen auch diejenigen Schuldnerinnen und Schuldnern bei einem wirtschaftlichen Neuanfang unterstützt werden, die durch die Covid-19-Pandemie in die Insolvenz geraten sind.

Für Insolvenzverfahren, die ab dem 17. Dezember 2019 beantragt wurden, soll das derzeit sechsjährige Verfahren monatsweise verkürzt werden.

Den Regierungsentwurf gibt es hier zum herunterladen.


Das nächste Spiel ist immer das schwerste (Insolvenz in Eigenverwaltung)

Jetzt also auch der 1. FC Kaiserslautern!

Am 15. Juni 2020 hat die Geschäftsführung einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung gestellt.

„Ziel des Verfahrens ist es, zügig die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wiederherzustellen“

sagt Soeren Oliver Voigt, der Geschäftsführer. Die Rhetorik ist also die gleiche, wie bei allen Eigenverwaltungsverfahren: Stichwort "Neustart" - Sie kennen das.

Das Verfahren gibt es in der jetzigen Form seit 2012 und ist in den Paragrafen 270 ff. der Insolvenzordnung geregelt. Auch ein Eigenverwaltungsverfahren ist allerdings eine Insolvenz, auch wenn die Betroffenen das meist nicht so klar benennen. Read more


OLG Oldenburg

Insolvenzverwalter: verloren und doch irgendwie gewonnen

Die Aufgabe des Insolvenzverwalters ist, dafür zu sorgen, dass die Gläubiger möglichst viel Geld bekommen. Weil der Gesetzgeber schlau ist, hat er dieses Ziel mit dem Gewinnstreben des Verwalters kombiniert: je größer die Masse - also je mehr Geld der Verwalter eingesammelt hat - desto größer ist sein Verdienst (Details hier).Read more


Was Sie jetzt tun müssen - eine Maßnahmenliste in Stichpunkten

Im Moment geht es für die meisten Betriebe darum, irgendwie den Betrieb aufrecht zu erhalten.

Wenn die COVID19-Pandemie irgendwann hoffentlich überwunden sein wird, steht die Beseitigung der finanziellen Folgen ganz oben auf der Liste

Aufhänger ist dabei, dass – nach der aktuellen Rechtslage – bis zum 01.10.2020 oder nach Verlängerung bis zum 01.04.2021 eine nun eingetretene Zahlungsunfähigkeit beseitigt werden muss. Fangen Sie deswegen am besten jetzt schon an, eine Inventur bei der Liquidität zu machen.

Was ich in den letzten 20 Jahren bei der Sanierung von Unternehmen gelernt haben, haben wir nachfolgend in einer kurzen Maßnahmenliste in Stichpunkten für Sie zusammengefasst.Read more


Warum sinnlose Fragen manchmal doch sinnvoll sind (BFH)

"Willst Du mit mir gehen? 
[ ] Ja
[ ] Nein
[ ] Vielleicht"

Sie kennen das: manchmal weiß man einfach schon vorher, dass die Antwort nicht so ausfällt, wie man es gerne hätte. Warum der Geschäftsführer eines Unternehmens trotzdem fragen muss, hat jetzt der Bundesfinanzhof (BFH) erklärt und damit die Haftung des Geschäftsführers ausgedehnt (Urteil vom 22.10.2019, VII R 30/18).

Das ist dogmatisch richtig, aber weltfremd.Read more


Foto aus einer maroden Kaserne bei Berlin

Muss ich trotz COVID19 einen Insolvenzantrag stellen?

Seit rund zwei Wochen gibt es nun unsere kostenlose Telefonsprechstunde für Unternehmer zu COVID-19.

In dieser Zeit haben wir eine ganze Reihe von Gesprächen geführt. Nr. 1 der Rangliste der gestellten Fragen war:

„Ich habe kaum noch Einnahmen; muss ich einen Insolvenzantrag stellen?“

Dazu gibt es leider nur eine typische Anwaltsantwort: Es kommt darauf an.Read more