Gestern hat das Europaparlament das Ergebnis der interinstitutionellen Verhandlungen über die „Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren“ gebilligt (Pressemeldung).
Dieser EU-Restrukturierungsrahmen zielt darauf ab, die „Sanierungskultur“ von Unternehmen zu verbessern und Hindernisse für den freien Kapitalfluss durch Umstrukturierungs- und Insolvenzverfahren in den Mitgliedstaaten zu beseitigen. Jedenfalls seit 2014 arbeitet die EU bereits an diesem Vorhaben – hier finden Sie relevante Dokumente dazu.
„Wir möchten den Unternehmergeist fördern, indem wir Umstrukturierungen oder Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten erleichtern. Dazu gehören Start-ups, die beim ersten Mal nicht erfolgreich sind. Oft wird Scheitern als Stigma gesehen, aber eigentlich ist es ein Teil des Lernprozesses. Junge Menschen müssen motiviert werden, Unternehmen zu gründen, und diese Richtlinie wird ihnen bei Schwierigkeiten helfen“, wird die Berichterstatterin Prof. Dr. Angelika Niebler zitiert.
Der Insolvenzrahmen umfasst – wie schon der eingängige Titel der Richtline sagt – drei Hauptbereiche:
- Präventiver Umstrukturierungsrahmen: Durch ein Moratorium soll den Unternehmen die Möglichkeit eröffnet werden, in ausreichender Zeit einen erfolgversprechenden Restrukturierungsplan zu erstellen und mit den betroffenen Gläubigern zu verhandeln. Das Moratorium soll zunächst auf vier Monate begrenzt bleiben und kann nur bei relevantem Fortschritt in den Verhandlungen und weiteren Voraussetzungen auf maximal zwölf Monate verlängert werden. Der während des Moratoriums zu entwickelnde Restrukturierungsplans ist das zentrale Instrument der Richtlinie.
- Zweite Chance für ehrlich zahlungsunfähige oder überschuldete Unternehmer durch vollständige Schuldenentlastung nach maximal drei Jahren mit Schutzmaßnahmen gegen Missbrauch – das wird die Restschuldbefreiungsphase in Deutschland für alle Schuldner deutlich verkürzen.
- Maßnahmen für die Mitgliedstaaten zur Steigerung der Effizienz von Insolvenz-, Umstrukturierungs- und Entlastungsverfahren, insbesondere die zweckmäßige Behandlung der Verfahren
Nun muss der Rat die Richtlinie billigen, bevor Sie im Amtsblatt veröffentlicht wird. Danach muss diese noch durch die nationalen Gesetzgeber in das jeweilige Recht umgesetzt werden. Die Umsetzungsfrist beträgt zwei Jahre.
Der Kollege Daniel Friedemann Fritz gibt in einem im Januar erschienenen Aufsatz in der InDat (pdf) einen Überblick über das Sanierungsverfahren und der Kollege Friedrich Cranshaw hier.