Richter Frank Frind

Richter gegen Gericht 1:1 (vorläufig)

Ein Hamburger Insolvenzrichter war, wenn man so kalauern will, von seinem Job als Insolvenzrichter "delistet" worden und soll sich fortan nur noch um Zivilverfahren kümmern. Der Vorgang hatte aus mehreren Gründen hohe Wellen geschlagen, nicht zuletzt, weil er auch die Frage der Unabhängigkeit der Justiz betrifft - ich hatte darüber berichtet.

Gegen diese Änderung des Geschäftsverteilungsplans hatte der Richter im Wege einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht Hamburg geklagt - und verloren.

Vor dem Oberverwaltungsgericht verfolgte er sein Anliegen weiter. Der in dieser Sache ergangene Beschluss des 3. Senats des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 25.06.2018 (3 Bs 73/18) ist sehr lesenswert.

Wie in vielen guten Geschichten geht es auch in dieser um Macht und Liebe. Das Oberverwaltungsgericht setzt sich nämlich nicht nur mit den Fragen der Gerichtsverwaltung auseinander, sondern beleuchtet auch sehr sorgfältig die Entscheidung des Präsidiums des Amtsgerichts, das den Geschäftsverteilungsplan geändert hat. Und darin wird die gesamte Dimension des Falles deutlich:

In der Tischvorlage des Präsidiums zur Sitzung in der die Entscheidung über den Geschäftsverteilungsplan gefällt wurde, hieß es:

„Insolvenzrichter arbeiten sehr eng mit einem kleinen Kreis von Verwaltern zusammen, die um teilweise extrem lukrative Aufträge konkurrieren und in hohem Maße wirtschaftlich abhängig von Aufträgen des Gerichts sind. Noch mehr als in jedem anderen Rechtsgebiet müssen Richter deshalb neben den notwendigen exzellenten Fachkenntnissen über ein besonderes Maß von persönlicher Integrität und Neutralität verfügen, um jeden Anschein sachwidrigen oder gar willkürlichen Umgangs mit dieser Verantwortung zu vermeiden." [Rz 16]

Diese Anforderungen sah das Präsidium vorliegend nicht erfüllt.

"Es [gemeint ist das Präsidium, Anm. d. Verf.] erkennt aufgrund weiterer „im Zuge dieses Verfahrens“ bekannt gewordener Fälle erkennbare Muster [beim Verhalten des Richters, Anm. d. Verf.], sachlich geäußerte abweichende Meinungen zu rechtlichen Fragestellungen durch „Abstrafung“ in der Bestellungspraxis zu sanktionieren, was ein „Defizit eines verantwortungsvollen Umgangs mit richterlicher Macht“ in der Person des Antragstellers offenbare." [Rz. 40]

Trotz Änderung des Geschäftsverteilungsplans sei dennoch nicht richtig gewesen, urteilt das Oberverwaltungsgericht, da es sich um eine verdeckte Disziplinarmaßnahme gegenüber den Richter gehandelt habe. Und das Oberverwaltungsgericht sorgt auch dafür, dass die Spannung bis zur Entscheidung über die Hauptsache hält:

"Es wird im Wege einstweiliger Anordnung festgestellt, dass der Antragsteller dem am 12. Dezember 2017 vom Präsidium des Amtsgerichts Hamburg beschlossenen Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2018 vorläufig insoweit nicht nachzukommen hat, als ihm darin ein zivilrechtliches Pensum von mehr als 30 % zugewiesen worden ist"

Schalten Sie auch nächstes Mal wieder ein, wenn Sie wissen wollen, was der Gerichtspräsident sich bis dahin einfallen lässt und was der Richter mit 70% bezahlter Tagesfreizeit tun wird.


Orientierung statt "Management by Bauchgefühl"

Wollen Sie wissen, wie Sie - endlich - die Informationen bekommen, die Sie zur Führung Ihrer Kanzlei wirklich brauchen? Wie Sie anwaltstypische Kennzahlen ermitteln und welche Auswirkungen diese auf Anreize, Kanzleistrategien und die Gewinnverteilung zwischen den Partnern haben?

Prima, am Freitag haben Sie in Essen die Chance, alles relevante dazu zu erfahren!

Dort mache ich für die Anwaltakademie in der Reihe "Kompetenz, Kanzlei, Karriere" wieder mein Seminar zum Thema "Wirtschaftliche Kanzleiführung: So steuern Sie Ihre Kanzlei mit Kennzahlen". Noch können Sie sich hier anmelden.


Hamburg Gericht Sievekingplatz

Was Gerichtsverfahren mit Eislaufen zu tun haben, oder: so kaufen Sie sich ein Urteil

Die Consilium Rechtskommunikation UG hat zusammen mit der Universität Mainz untersucht, wie Medien Strafprozesse be­ein­flus­sen. Um das herauszufinden wurden 580 Richter und Staatsanwälte befragt.

Die wenig überraschende Erkenntnis: Auch Richter verfolgen Medien und sie sind auch nur Menschen.

Sowohl Richter als auch Staats­anwälte nehmen einen Einfluss der Berichterstattung auf den Verfahrensablauf wahr; ebenso auf die Atmosphäre im Gerichtssaal. Immerhin jeder fünfte Staats­anwalt nimmt zudem einen Ein­fluss von Medien auf das kon­krete Aussageverhalten von Zeu­gen vor Gericht wahr und  dass Zeug­en von Medien­berichten ein­geschüchtert wurden. Mehr Informationen und die Zusammenfassung der Studie gibt es auf der Internetseite von Consilium.

Litigation-PR ist das eine. Aber es geht auch anders.

Wie, zeigt die Studie "Buying the Verdict" von Lauren H. Cohen, Umit G. Gurun. Michael Blanding hat dazu einen Artikel geschrieben mit dem Titel "Why South Korea's Samsung Built the Only Outdoor Skating Rink in Texas".

Spoileralarm: die vielen Wohltaten von Samsung in der Stadt Marshall in Texas haben etwas damit zu tun, dass just vor diesem Gericht zahlreiche Klagen gegen den Konzern verhandelt werden. Die Werbedollars dienen also dazu, die Stimmung im Ort zugunsten von Samsung zu beeinflussen. Und Samsung ist nicht alleine: die Untersuchung konnte nachweisen, dass die lokalen Werbeausgaben um durchschnittlich 23 Prozent stiegen, wenn eine Klage gegen ein Unternehmen eingereicht wurde - an liebsten dort, wo Geschworene entscheiden.

Und es funktioniert, wie Cohen und Gurun zeigen. Für jeweils 250.000 $ die an Werbung über einen Durchschnitt von 1 Million $ ausgegeben wurden, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit einen Prozess zu Gewinnen um 6 Prozentpunkte.

Um eine unfaire Beeinflussung zu verhindern, schlagen Cohen und Gurun vor, dass die Geschworenen auf eine mögliche Beeinflussung hinweisen.


Kunst

Neue Richtline zur Bewertung von Anwaltskanzleien - leider immer noch nicht besser

Die Bewertung von Anwaltkanzleien ist ein Thema für viele Kollegen. Oft wird dafür die Richtline des Ausschusses "Bewertung von Anwaltskanzeien" der BRAK zu Hilfe genommen.

Das Verfahren hat zwei Punkte die für es sprechen: es ist einfach und in der Praxis wird es von Erwerbern und Veräußerern akzeptiert. Es ist aber (1.) kein Bewertungsverfahren und ermittelt (2.) keinen "richtigen" Wert der Kanzlei.

In unserem Buch zum Kauf- und Verkauf von Anwaltskanzleien haben wir uns kritisch mit diesem Verfahren auseinandergesetzt und die aus unserer Sicht viel besser geeigneten Methoden dargestellt. Wir hatten geschrieben:

"Die pauschalisierende Bewertung von Praxen anhand ihres Umsatzes unterstellt aus unserer Sicht eine Vergleichbarkeit der Kanzleien, die so nicht (mehr) der Realität entspricht. Die Geschäftsmodelle der Kanzleien haben sich zunehmend ausdifferenziert, so dass ein Anknüpfen nur an den Umsatz aus unserer Sicht zu kurz greift.

Zudem ist das Vorgehen auch in sich selbst nicht konsistent: Den Gewinn (= Umsatz – Kosten) hält der Ausschuss nicht für maßgebend, da dieser „weitgehend von den betrieblichen und betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten der einzelnen Rechtsanwaltskanzlei“ abhänge.

Obwohl es also auf den Gewinn ausdrücklich nicht ankommt, berücksichtigt die Richtlinie bei der Ermittlung des Berechnungsfaktors beispielsweise die „Kosten angestellter Rechtsanwälte“ als wertsenkendes Merkmal und hält „überdurchschnittlich niedrige Kosten“ oder „günstiger Mietvertrag der Kanzlei“ oder „geringer Investitionsbedarf“ für werterhöhend.

In der Betriebswirtschaftslehre wird die Anwendung von derartigen Multiplikatoren zur Unternehmensbewertung ganz überwiegend abgelehnt, da der Multiplikator in der Regel nicht auf der Grundlage einer umfassenden Analyse von Referenzunternehmen oder -transaktionen ermittelt wurde. Es handelt sich dabei vielmehr um eine allgemein akzeptierte „Faustregel“, die lediglich als Kontroll- und Vergleichsgröße bzw. als Verhandlungseinstiegswert dienlich sein kann.

Auch nach Auffassung des Instituts der Wirtschaftsprüfer zählen Umsatzwertverfahren nicht zu den Bewertungsverfahren. Nach Auffassung des IDW können derartig vereinfachte Preis­findungsverfahren nicht an die Stelle einer Unternehmensbewertung treten, sondern allenfalls für eine Plausibilitätskontrolle herangezogen werden: ergebe sich eine Differenz zwischen dem Zukunftserfolgswert und einem zur Plausibilitätskontrolle anhand einer vereinfachten Preisfindung ermittelten Preis für das Unternehmen, so könne dies ein Anlass sein, neben den zur Plausibilitätskontrolle herangezogenen Größen auch die der Unternehmensbewertung zugrunde gelegten Ausgangsdaten und Prämissen kritisch zu überprüfen und – soweit dabei gewonnene bessere Erkenntnisse (z.B. in Bezug auf die Ertragserwartungen) dies erfordern – zu korrigieren.

Als Grundlage für eine Entscheidung halten wir das Umsatzwertverfahren für wenig hilfreich, schon weil nicht klar ist, welche Frage es eigentlich beantworten soll. Entspricht der so ermittelte “Wert” dem typisierend zu erwartenden Rückfluss bei Erwerb dieses Umsatzes? Wir wissen es nicht."

In Vorbereitung des oben genannten Buchs hatte ich die zuständige Geschäftsführerin der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) angeschrieben, weil der Ausschuss seit BRAK-Mitt. 6/2009, S. 268 ff. nichts mehr von sich hatte hören lassen und ich wissen wollte, ob dort mittlerweile vielleicht Einsicht eingekehrt sei.

Meine eMail blieb unbeantwortet, aber in den BRAK-Mitteilungen 1/2008 S.6 ff. hat der Ausschuss Bewertung von Anwaltskanzleien nun seine Richtlinien aktualisiert.

Dass unsere kritische Auseinandersetzung mit den Richtlinien der BRAK in der Liste der weiterführenden Literatur nicht auftaucht ist zu verschmerzen - dass die Kammer Kritik nicht besonders goutiert, ist bekannt.

Aber dass die BRAK ihre zumindest für einen Käufer weitgehend wertlose und betriebswirtschaftlich nicht zu rechtfertigende "Methode" weiterhin propagiert ist dann doch schade - dafür hängt einfach zu viel daran.


Präsentation Controlling

Controlling für Anwälte

Alle wissen es, keiner macht es: Controlling.

Dabei ist uns natürlich allen klar, dass wir unsere Zahlen im Griff haben müssen. Es ist sicher kein Zufall, dass bei mir in den letzten Jahren die Mandante zur Sanierung von Anwaltskanzleien in schwierigen Situationen deutlich zugenommen haben.

Am Wochenende hatte ich Gelegenheit, jungen Kolleginnen und Kollegen auf dem 48. Forum "Start in den Anwaltsberuf" zu erklären, warum Controlling schön, reich und berühmt macht.

Hier finden Sie die Präsentation dazu: Wirtschaftliche Kanzleiführung – Controlling für Einsteiger

Übrigens gibt es dazu auch ein Tagesseminar, das ich regelmäßig ein- zweimal im Jahr für die Anwaltakademie mache.

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Skyline Hamburg

Anwälte und Datenschutz und Geldwäsche (und Geldverdienen)

Im Moment habe ich den Eindruck, als habe die Anwaltschaft gerade entdeckt, dass die Themen Datenschutz und Compliance irgendwie auch etwas mit Anwaltskanzleien zu tun haben könnte.

Zum einen sind die Regeln der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung) und das auf dieser Grundlage geänderte Bundesdatenschutzgesetz ab 25. Mai 2018 anzuwenden. Und seit Monaten sagen alle etwas dazu, die meinen, etwas dazu zu sagen haben.

Dann hat die BRAK zum Jahreswechsel mit ihrer groß angelegten beA-Kampagne dafür gesorgt, dass auch der Letzte gemerkt hat, dass das Thema elektronischer Rechtsverkehr irgendwie relevant sein könnte und es dabei um Daten geht.

Auch die Diskussion um neue digitale Geschäftsmodelle in der Rechtsberatung – a/k/a legal tech – hat sicher dazu geführt, dass allgemein in das Bewusstsein gedrungen ist, dass auch Anwälte „irgendwas mit Daten“ machen.

Dann gibt es immer mal wieder Aufregung, weil jemand die Frage stellt, ob Anwält mit ihren Mandanten überhaupt per unverschlüsselter E-Mail kommunizieren dürfen (um zumindest hier die Aufregung zu dämpfen, sei auf den Beitrag von Niko Härting vom 06.02.2018 auf cr-online.de verwiesen).

Und schließlich werden andauernd irgendwelche Manager angeklagt - und verurteilt - nur weil sie Regeln nicht beachtet haben, die sich in komischen Nebengesetzten verstecken, wie eben dem Geldwäschegesetz. Hier möchte die Große Koalition ja sogar noch einmal nachlegen.

Für den Anwalt bleiben drei praktische Fragen:

  1. Was müssen Anwälte machen, um die gesetzlichen Anforderungen im Hinblick auf Datenschutz und Geldwäsche zu erfüllen?
  2. Was wird mit dem beA und was bedeutet es für meine Kanzleiabläufe?
  3. Wie lässt sich Technologie in der Kanzlei sinnvoll nutzen?

Die Arbeitsgemeinschaft Kanzleimanagement - der Pionier in Fragen des Einsatzes von Technik in Anwaltskanzleien - beantwortet diese Fragen auf dem Deutschen Kanzleimanagementtag am 13. & 14. April 2018 in Hamburg. Zielgruppe sind mittelständische Kanzleien, die praktische Antworten suchen.

Am Freitag Mittag geht es nach den Honneurs los mit einem Vortrag von Rechtsanwalt & Notar Ulrich Volk, der darstellen wird, wie elektronisches Arbeiten in der Anwaltskanzlei – mit oder ohne beA - funktioniert.

Rechtsanwältin Claudia Otto erklärt, wie digitale Kommunikation und Datenübertragung mit dem Mandanten berufsrechtskonform funktioniert und

Frau Rechtsanwältin Dr. Claudia Seibel erläutert, was das Geldwäschegesetz für Anwälte und deren Anderkonten bedeutet (das Thema ist jedenfalls seit Juli 2017 superwichtig).

Danach gibt es die Gelegenheit für Vernetzung und einen ungezwungenen Austausch im Hamburger Segelclub e.V.

Am Samstag geht es anwendungsorientiert weiter, wenn Rechtsanwalt Dr. Thomas Lapp zeigt, wie die ab Mai geltenden Anforderungen ganz praktisch in der Kanzlei umzusetzen sind.

Daran schließen sich zwei Workshops an, in denen es jeweils um praktische Fragen geht – und natürlich gibt es immer Gelegenheit für den Austausch mit Kollegen.

Ich freue mich jedenfalls sehr auf die Veranstaltung. Und ich bin ehrlich genug, zuzugeben, dass ich mir schlechteres vorstellen kann, als nach dem Ende der Veranstaltung am Samstag Mittag noch einen Frühlingstag in Hamburg zu verbringen.

Ach ja: zur Anmeldung geht es hier: www.dkmt.events


Pistole

War der Anwalt ethisch oder ein Verbrecher?

Der Mandant hat mich um Hilfe gebeten, Ansprüche gegen einen Anwalts“kollegen“ geltend zu machen. Es geht um folgenden Sachverhalt:

Ein Anwalt hat einen Mandanten, mit dessen Selbständigkeit es nicht so gut läuft und der sich mit seinen Mitgesellschaftern streitet.

In dieser Situation gründet der Anwalt mit seinem eigenem Geld (25.000,00 €) eine GmbH und wird deren Alleingesellschafter. Diese GmbH übernimmt das Unternehmen des Mandanten und führt es fort, der Mandant wird Geschäftsführer.

Gleichzeitig wird zwischen GmbH und Anwalt ein Beratungsvertrag mit einer festen Laufzeit von einem Jahr geschlossen. Während dieser Zeit soll der Anwalt jeden Monat ein Pauschalhonorar von 5.000,00 € pro Monat plus MWSt bekommen; was er dafür tun muss, ist nicht genau definiert.

Der Mandant unterschreibt alles, was der Anwalt ihm vorlegt. Er sagt, er hätte seinem Anwalt vollkommen vertraut (und vielleicht hat er auch nicht alles verstanden).

Nach einem Jahr verkauft der Anwalt dem Mandanten die Anteile zum Nennwert von 25.000,00 €. Bis dahin hat die Gesellschaft nur Verluste gemacht. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag beträgt zu diesem Zeitpunkt rd. 34.000,00 €.

Bis zum Verkauf hat die Gesellschaft 30.000,00 € an den Anwalt gezahlt. Allzu viel hat der Anwalt für sein Geld wohl nicht gemacht. Allenfalls gab es ein paar Telefonate. Er sieht es natürlich anders.

Kurze Zeit nach dem Verkauf ist die GmbH pleite. Der Mandant sagt, der Anwalt habe Kontovollmacht gehabt und alle Überweisungen an sich selbst eigenhändig vorgenommen. Die Buchhaltung hat ein mit dem Rechtsanwalt verwandter Steuerberater gemacht.

Der Mandant sagt weiter, er hätte beim Kauf der Anteile gar nicht gewusst, wie schlecht die Gesellschaft dasteht. Alle Unterlagen wären ihm erst nach dem Verkauf der Anteile übergeben worden, diese habe vorher de Anwalt in seiner Kanzlei aufbewahrt.

Er fühlt sich "betrogen", weil es dem Anwalt nur darum gegangen sei, doppelt abzukassieren.

Ein Verstoß gegen die Kapitalaufbringungsvorschriften bei der GmbH liegt auf der Hand. Aber ich habe auch ein Störgefühl, was die Berufspflichten des „Kollegen“ angeht und grüble, wie ich ihn am besten packen und ihm die Hammelbeine langziehen kann.

Was meinen Sie? Ich freue mich über Kommentare.


Die BRAK verstößt mit dem beA-Debakel gegen elementare Berufspflichten der Anwaltschaft

Kammern sind komische halbstaatliche Einrichtungen, von denen nicht wenige meinen, sie seien überholt, nachdem der Kampf um eine vom Staat unabhängige Anwaltschaft gewonnen zu sein scheint.

Zum einen sorgen sie für Zucht und Ordnung unter ihren Mitgliedern, die sich gegen ihre Zwangsmitgliedschaft nicht wehren können - die meisten Gerichtsverfahren gegen Anwälte wegen (angeblicher) Verstöße dürften wohl von den Anwaltskammern initiiert werden.

Zum anderen schützen sie ihre Mitglieder gegen die Konkurrenz der Nichtmitglieder, in dem sie Marktzugangsbeschränkungen errichten oder sich - wie bei Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) - zumindest darum bemühen, die bestehenden Schranken so gut es geht aufrechtzuerhalten.

Die eigentümliche Zwitternatur der Kammern zeigt sich beispielsweise daran, dass der Gesetzgeber die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) verpflichtet hat, allen in der Bundesrepublik zugelassenen Rechtsanwälten ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA) einzurichten.

Seither mühen sich vornehmlich ältere Herren in der Kammer, dem gesetzlichen Auftrag gerecht zu werden. Ich einem Blogbeitrag vom 26.11.2013 - also vor mehr als vier Jahren - habe ich etwas despektierlich geschrieben, die "BRAK bastelt am Anwaltspostfach". Dass die BRAK "tatsächlich" gebastelt hat, war in den vergangenen Jahren an verschiedenen Stellen zu spüren - immerhin musste der Start schon einmal um zwei Jahre verschonen werden.

Wie sehr ich mit dem "basten" recht hatte, ist aber allgemein erst am 22.12.2017 klar geworden. Der Kollege Schwartmann hat in seinem Beitrag "Die BRAK verkauft Anwälte für dumm" das jüngste Versagen zusammengefasst. Um es kurz zu machen: durch die untauglichen Versuche der Kammer bzw. des von ihr beauftragten Dienstleisters die bisherigen Fehler zu vertuschen und irgendwie zu korrigieren, wurden mit heißer Nadel "Reparaturmaßnahmen" ergriffen, die im Ergebnis dazu führten, dass die gesamte IT-Sicherheit der Kanzleien korrumpiert wird. Ein paar (Feier)Tage vor dem verpflichtenden Start am 01.01.2018 wohlgemerkt.

In den Sozialen Medien ergießt sich eine Mischung aus Verzweiflung und Spott (#beA, #beAWahn, #beASong, #beAsongs). Einer der lustigsten der vielen, vielen lustigen Tweets dazu kommt von @anwaltsgelaber:

https://twitter.com/anwaltsgelaber/status/945606790623956992

Dass Rechtsanwalt Percy Rönneberg das Justizministerium aufgefordert hat, als Aufsichtsbehörde tätig zu werden wird wohl (leider) auch nicht helfen und ob dieses Debakel - wie die meisten Kollegen fordern, von denen ich derzeit etwas dazu lese - tatsächlich personelle Konsequenzen beim EDV-Dienstleister und bei der BRAK nach sich ziehen wird, bleibt abzuwarten. Sie wissen schon: "müsste, müsste Fahrradkette".

Liebe Verantwortliche bei der Kammer: was mich an dieser Sache wirklich, wirklich ärgert, ist nicht so sehr, wie augenscheinlich  dilettantisch Umsetzung und Kommunikation sind. Und auch nicht, dass ich wie die anderen 165.000 Anwälte seit ein paar Jahren rd. 70,00 € im Jahr für etwas bezahle, was nicht funktioniert (rd. 38 Mio. € insgesamt). Und auch nicht, das ich noch mehr Geld und Zeit für neue Hardware, Installation und Schulung aufgewandt habe.

Was mich fassungslos macht, ist, dass die Kammern offensichtlich zwei Dinge nicht hinreichend ernst nehmen, die unseren Berufsstand und die allermeisten Kollegen auszeichnen: Verschwiegenheit und aufrichtige Kommunikation.

Ein wesentliches Element anwaltlicher Tätigkeit ist doch gerade durch die besondere Verschwiegenheitsverpflichtung gekennzeichnet, die uns Anwälte - zumindest formal - von vielen anderen Berufsgruppen unterscheidet: das Anliegen unserer Mandanten ist bei uns in guten Händen und wir tun alles dafür, dass es vertraulich bleibt. Deswegen schließen wir Akten ein, installieren Datenschutzsysteme, verzichten auf die Nutzung von bestimmten IT-Diensten wie WhatsApp und so weiter. Dass die Bundesrechtsanwaltskammer das in Zusammenwirken mit dem Dienstleister aushebelt, ist schon schlimm genug. Aber dass sie erst Halbwahrheiten verbreitet und dann dazu schweigt, setzt dem ganzen die Krone auf.


Untreuer insolventer Ex-Anwalt

Häufiger müssen die Gerichte über den Widerruf der Zulassung von Rechtsanwälten entscheiden. Meist ist der Grund dafür, dass diese - wie jährlich etwa 100.000 andere Menschen in Deutschland - in "Vermögensverfall" geraten sind. Anders als z.B. bei Geschäftsführern, Richtern und Ärzten führt dies bei Anwälten nämlich in aller Regel dazu, dass sie sich einen anderen Job suchen müssen.

In § 14 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) heiß es:

Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist zu widerrufen, [...] wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind; [...]

Da Anwälte meist nicht viel anderes können als Jura, ist es nicht verwunderlich, dass die Betroffenen in diesen Fällen alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um weiter tätig bleiben zu können. Das halte ich grundsätzlich auch für sinnvoll. Auch jemand der Pech mit privaten Immobiliengeschäften hatte kann ein guter Anwalt sein.

Nun hat der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs (BGH) am 20. November 2017 - AnwZ (Brfg) 46/17 - einen Fall entschieden, bei dem der geneigte Leser sich allerdings fragt, wie der Ex-Kollege auf die Idee kommen konnte, hier irgendetwas erreichen zu können. Hier der Sachverhalt:

"Der Kläger ist seit dem 24. August 1994 zur Rechtsanwaltschaft in H. zugelassen.

Mit Strafbefehl vom 11. Dezember 2007 in Verbindung mit Beschluss vom 8. Mai 2008 verurteilte das Amtsgericht H. den Kläger wegen Veruntreuung von Mandantengeldern zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 45 €. Aufgrund desselben Sachverhaltes wurde er vom H. Anwaltsgericht mit Urteil vom 24. Februar 2009 zu einem Verweis und einer Geldbuße in Höhe von 3.500 € verurteilt.

Mit Beschluss vom 29. Dezember 2015 eröffnete das Amtsgericht H. das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers. Der Insolvenzverwalter gab mit Schreiben vom 7. Januar 2016 die selbständige wirtschaftliche Tätigkeit des Klägers als Rechtsanwalt frei und erklärte gemäß § 35 Abs. 2 InsO, dass das Vermögen des Klägers aus einer selbständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt nicht zur Insolvenzmasse gehört und Ansprüche aus dieser Tätigkeit im Insolvenzverfahren nicht geltend gemacht werden können.

Mit Bescheid vom 15. März 2016 widerrief die Beklagte [Anmerkung: das ist die Rechtsanwaltkammer]  die Zulassung des Klägers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls (§ 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO). Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies sie mit Bescheid vom 15. Dezember 2016 zurück."

Meine Lieblingsstelle im Urteil ist übrigens die Folgende:

"Soweit der Kläger ausführt, er habe niemals die Interessen seiner Mandanten gefährdet, steht dem bereits seine Verurteilung wegen Veruntreuung von Mandantengeldern durch Strafbefehl des Amtsgerichts H. vom 11. Dezember 2007 entgegen."

Na ja, Hamburger eben ;-)

Es hilft dem Ex-Anwalt zwar nicht weiter, aber schon vor geraumer Zeit hatte der BGH sich damit beschäftigt, welche Zahlungen ein Schuldner nach Freigabe der selbständigen Tätigkeit nach § 35 Abs. 2 InsO leisten muss, um seine Restschuldbefreiung nicht zu riskieren. Hier können Sie es nachlesen:

https://www.schnee-gronauer.de/endlich-klarheit-welche-zahlungen-der-schuldner-im-insolvenzverfahren-zu-leisten-hat/


Legal Tech und Beratungsprodukte

Standardisierte IT-basierte „Beratungsprodukte“ verändern den Markt für Rechtsberatung grundlegend.

Für die AG Kanzleimanagement stelle ich dieses Jahr auf dem Anwaltstag die Frage, wie „Legal-Tech“ das anwaltliche Arbeiten verändert, was Anwälte von diesen Angeboten lernen können und wie sie letztlich davon profitieren können.

Wir haben dazu Vertreter von advocado.de, flightright.de und geblitzt.de gebeten, darzustellen, was diese Angebote von klassischer anwaltlicher Beratung unterscheidet und vor allem, was erforderlich ist, um ein erfolgreiches Beratungsprodukt zu entwickeln.Read more