Ein Hamburger Insolvenzrichter war, wenn man so kalauern will, von seinem Job als Insolvenzrichter „delistet“ worden und soll sich fortan nur noch um Zivilverfahren kümmern. Der Vorgang hatte aus mehreren Gründen hohe Wellen geschlagen, nicht zuletzt, weil er auch die Frage der Unabhängigkeit der Justiz betrifft – ich hatte darüber berichtet.
Gegen diese Änderung des Geschäftsverteilungsplans hatte der Richter im Wege einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht Hamburg geklagt – und verloren.
Vor dem Oberverwaltungsgericht verfolgte er sein Anliegen weiter. Der in dieser Sache ergangene Beschluss des 3. Senats des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 25.06.2018 (3 Bs 73/18) ist sehr lesenswert.
Wie in vielen guten Geschichten geht es auch in dieser um Macht und Liebe. Das Oberverwaltungsgericht setzt sich nämlich nicht nur mit den Fragen der Gerichtsverwaltung auseinander, sondern beleuchtet auch sehr sorgfältig die Entscheidung des Präsidiums des Amtsgerichts, das den Geschäftsverteilungsplan geändert hat. Und darin wird die gesamte Dimension des Falles deutlich:
In der Tischvorlage des Präsidiums zur Sitzung in der die Entscheidung über den Geschäftsverteilungsplan gefällt wurde, hieß es:
„Insolvenzrichter arbeiten sehr eng mit einem kleinen Kreis von Verwaltern zusammen, die um teilweise extrem lukrative Aufträge konkurrieren und in hohem Maße wirtschaftlich abhängig von Aufträgen des Gerichts sind. Noch mehr als in jedem anderen Rechtsgebiet müssen Richter deshalb neben den notwendigen exzellenten Fachkenntnissen über ein besonderes Maß von persönlicher Integrität und Neutralität verfügen, um jeden Anschein sachwidrigen oder gar willkürlichen Umgangs mit dieser Verantwortung zu vermeiden.“ [Rz 16]
Diese Anforderungen sah das Präsidium vorliegend nicht erfüllt.
„Es [gemeint ist das Präsidium, Anm. d. Verf.] erkennt aufgrund weiterer „im Zuge dieses Verfahrens“ bekannt gewordener Fälle erkennbare Muster [beim Verhalten des Richters, Anm. d. Verf.], sachlich geäußerte abweichende Meinungen zu rechtlichen Fragestellungen durch „Abstrafung“ in der Bestellungspraxis zu sanktionieren, was ein „Defizit eines verantwortungsvollen Umgangs mit richterlicher Macht“ in der Person des Antragstellers offenbare.“ [Rz. 40]
Trotz Änderung des Geschäftsverteilungsplans sei dennoch nicht richtig gewesen, urteilt das Oberverwaltungsgericht, da es sich um eine verdeckte Disziplinarmaßnahme gegenüber den Richter gehandelt habe. Und das Oberverwaltungsgericht sorgt auch dafür, dass die Spannung bis zur Entscheidung über die Hauptsache hält:
„Es wird im Wege einstweiliger Anordnung festgestellt, dass der Antragsteller dem am 12. Dezember 2017 vom Präsidium des Amtsgerichts Hamburg beschlossenen Geschäftsverteilungsplan für das Jahr 2018 vorläufig insoweit nicht nachzukommen hat, als ihm darin ein zivilrechtliches Pensum von mehr als 30 % zugewiesen worden ist“
Schalten Sie auch nächstes Mal wieder ein, wenn Sie wissen wollen, was der Gerichtspräsident sich bis dahin einfallen lässt und was der Richter mit 70% bezahlter Tagesfreizeit tun wird.