„Auch das schlechteste Buch hat seine gute Seite: die letzte!“

 John Osborne

Wir sanieren Unternehmen und lesen daher schon von berufswegen die Insolvenzbekanntmachungen.

Ich konnte mir eine Gefühl der Genugtuung nicht verkneifen, als ich heute las, dass vor dem Amtsgericht Hannover das vorläufige Insolvenzverfahren über ein Unternehmen angeordnet wurde das sich selbst Unternehmensberatung nennt und auf seiner Internetseite damit wirbt, 2010 als Top Consultant ausgezeichnet worden zu sein.

Ich kenne das Unternehmen aus meiner Zeit in einer Zivilkammer am Landgericht Hannover – dort türmten sich die (mit Hilfe eines scheinbar aus dem Familienkreis stammenden Anwalts eingereichten) Klagen des Unternehmens, das seine ehemaligen Kunden reihenweise auf Zahlung von Beratungshonorar in Anspruch nahm.

Diese Kunden – meistens Mittelständler – waren in ebenso wertlose wie überteuerte Beratungsverträge gelockt worden und sahen sich nun mit immensen Forderungen für eine weitgehend wertlose Leistung konfrontiert.

Durch Callcenter wurden Termine mit freien Mitarbeitern vereinbart, die eine kostenlose Erstberatung vor Ort offerierten („Unternehmenstest“). Dabei stellte sich – Überraschung! – stets erheblicher Beratungsbedarf heraus. Die folgende „Unternehmensanalyse“ wurde zum Festpreis angeboten und durch einen anderen Mitarbeiter des Unternehmens durchgeführt. Diese Analyse hatte indes nicht das Ziel dem Unternehmen wirklich zu helfen, sondern nur, weitere Beratungsleistungen vor Ort zu verkaufen. Am Ende jeder Arbeitswoche unterzeichneten die nichts ahnenden Kunden dann eine Aufstellung – was die Gerichte jahrzehntelang als deklaratorisches Schuldanerkenntnis auslegten.

Dieses Vertriebssystem bezeichnet Christel Niedereichholz, Professorin für Unternehmensberatung an der Fachhochschule Ludwigshafen, als „ein lausiges Stück Gewerbetätigkeit, dessen Erfolg darauf beruht, dass ahnungslose Mittelständler über den Tisch gezogen werden“ (link zum Handelsblatt).

In einem dazu im verlinkten Artikel zitierten Urteil des Bezirksgerichts Innsbruck heißt es, der Berater sei unfähig gewesen und habe „schwer mangelhafte bis zum überwiegenden Teil nutzlose und unbrauchbare Leistungen“ geliefert. Von der versprochenen „langfristigen Sicherung des Unternehmens am Markt“ jedenfalls keine Spur. Im Internet wimmelt es denn auch von Berichten von Betroffenen die beispielsweise beginnen mit „Wir sind hereingefallen.“

Meine Genugtuung wäre allerdings noch größer, wenn seit meiner Zeit am Gericht nicht fast zwei Jahrzehnte vergangen wären und seither vermutlich hunderte von Unternehmen für wertlose Leistungen viel Geld auf den Tisch gelegt haben – von den Folgen für seriöse Berater einmal abgesehen. Und leider gibt noch viel mehr unseriöse Berater die mit dieser Masche auf Kundenfang gehen.

Das Handelsblatt rät übrigens zur Vorsicht, sobald Beratung per Call-Center vermittelt wird und mehrere Mitarbeiter nacheinander am Werk sind. Das erklärt sich aber eigentlich von selbst.

Nachtrag:
In unserem Buch zum Unternehmensverkauf haben wir eine Checkliste für die Auswahl von Beratern. Diese haben wir hier (sehr) gekürzt wiedergegeben.