Insolvenzverwalter warnen Betriebsinhaber vor Haftung

Mal ganz ehrlich: haben Sie noch einen Überblick, wer nach der aktuellen Rechtslage wann einen Insolvenzantrag stellen muss?

Wenn nicht, befinden Sie sich in guter Gesellschaft. Denn um eine Insolvenzwelle durch die Folgen der COVID-19-Pandemie zu verhindern, hat der Gesetzgeber die entsprechenden Gesetze so oft geändert, dass man leicht den Überblick verliert. Auch die Übergangsvorschriften im Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung sind alles andere als übersichtlich: Test gefällig? Schauen Sie hier.

Viele Unternehmer glauben, dass keinen Insolvenzantrag stellen muss, wer wegen der Corona-Krise in echten Zahlungsschwierigkeiten ist.

Das stimmt allerdings nur teilweise: die Antragspflichten sind nicht generell ausgesetzt. Vielmehr gelten Ausnahmen von der strengen Antragspflicht von Februar bis Ende April nur noch für die wenigsten Betriebe.

Aus diesem Grund haben die im VID und im Gravenbrucher Kreis zusammengeschlossenen Insolvenzverwalter nun davor gewarnt, dass sich Unternehmer in der aktuellen Corona-Krise trotz Ausnahmen bei der Insolvenzantragspflicht unwissentlich strafbar machen.

Bei vielen Unternehmen sei noch nicht angekommen, dass sie Gefahr laufen, in die Haftung zu rutschen.

Sollten die betreffenden Unternehmen später doch noch Insolvenz anmelden müssen, werde rückwirkend ein verspäteter Antrag und der Verdacht auf Insolvenzverschleppung geprüft. Das könne die Unternehmer teuer zu stehen kommen.

Neben der Strafbarkeit, die sich vor allem aus § 15a der Insolvenzordnung (InsO) und oft auch § 266a des Strafgesetzbuchs (StGB) ergibt, ist ein weiterer Punkt die im Dezember 2020 neu geregelte Haftung in § 15b InsO. So muss der Geschäftsführer beispielsweise Zahlungen ersetzen, die er nach Eintritt der Antragspflicht geleistet hat, was oftmals auch eine Privatinsolvenz zur Folge hat.


Foto aus einer maroden Kaserne bei Berlin

Muss ich trotz COVID19 einen Insolvenzantrag stellen?

Seit rund zwei Wochen gibt es nun unsere kostenlose Telefonsprechstunde für Unternehmer zu COVID-19.

In dieser Zeit haben wir eine ganze Reihe von Gesprächen geführt. Nr. 1 der Rangliste der gestellten Fragen war:

„Ich habe kaum noch Einnahmen; muss ich einen Insolvenzantrag stellen?“

Dazu gibt es leider nur eine typische Anwaltsantwort: Es kommt darauf an.Read more


Änderungen im Zivil- und Insolvenzrecht zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie

Just heute hat der Deutsche Bundestag einen Regierungsentwurf für ein „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ angenommen (Link zum Gesetzentwurf).

Damit werden wesentliche Weichen gestellt, um es Unternehmen zu ermöglichen, die aktuelle Situation zu überstehen. Hier ein kurzer Überblick über wesentliche Punkte:Read more


Tablettenröhrchen beschriftet mit

Corona - was Sie nun tun können, um Ihr Unternehmen zu erhalten

Die Maßnahmen zur Endämmung des Corona-Virus COVID-19 haben das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen gebracht. Mit drastischen Folgen für viele Unternehmen. Die Politik versucht gegenzusteuern und die Folgen der einsetzenden Wirtschaftskrise zu reduzieren.

Ganz oben auf der Liste steht die Kostenentlastung und die Aufrechterhaltung der Liquidität, denn Miete und Personalkosten laufen weiter – und nicht jeder Arbeitgeber kann seine Mitarbeiter ins Homeoffice schicken.

Im Folgenden haben wir zusammengestellt, welche Bausteine es schon gibt oder diskutiert werden, um Ihr Unternehmen auf Kurs zu halten:

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Bißchen spät, um den Geschäftsführer zu retten

Der verzweifelte Unternehmer schreibt:

Sehr geehrte Herr Dr. Schnee-Gronauer,

vielleicht erinnern Sie sich noch an mich? Wir hatten uns gut vor einem Jahr [...] kennengelernt. Habe Sie sehr positiv in Erinnerung und war von Ihrer fachlichen Kompetenz sehr beeindruckt.

Brauche dringend professionelle Unterstützung!

Stehe unmittelbar vor der Zahlungsunfähigkeit und sehe kein Ausweg mehr als die Insolvenz.

Klar, die Schmeichelei im ersten Absatz geht runter wie Öl.

Allerdings hatte ich mit ihm und seinem Unternehmensberater vor rund 15 Monaten darüber gesprochen, wie er die Krise seiner GmbH abwenden kann - danach habe ich nichts mehr von ihm gehört.

Zu meinen Empfehlungen gehörte nicht, dass er sich über die Firma ein relativ teures Auto least. Und schon gar nicht, abzuwarten, bis die Finanzverwaltung die Konten gepfändet hat und die Krankenkasse einen Insolvenzantrag stellt.

In dieser Situation ist es echt schwierig, mehr als Schadenbegrenzung zu machen:

  • Für eine Rettung des Unternehmens durch Übertragung auf einen anderen Rechtsträger ist es schon (zu) spät.
  • Dem Gesellschafter-Geschäftsführer droht selbst die Pleite wegen der Haftungsansprüche aus § 15a InsO, § 64 GmbHG und nicht zuletzt weil er auch für die Steuerschulden der GmbH nach § 69 AO haftet.
  • Gleichzeitig steht er mit einem Fuß schon fast im Gefängnis, weil er - natürlich - die Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt und zu spät einen Insolvenzantrag gestellt hat.

Und zu allem Überfluss wird auch ein ambitionierter Berater in dieser Situation erst dann tätig, wenn er einen Vorschuss auf seinem Konto hat. Nur ein solches Bargeschäft nach § 142 InsO schützt ihn davor, dass der Insolvenzverwalter der GmbH das Geld irgendwann zurückfordert.

Daher die Empfehlung: Rechtzeitig zum Anwalt und machen was er sagt. Dann lässt sich das Unternehmen und die Existenz des Unternehmer retten. Und billiger ist es auch.

Hier noch ein wenig Lektüre zum Thema:
Insolvenzveschleppungshaftung und Insolvenzantragspflicht
Infografik: Prüfungsschema Insolvenzantragspflicht wegen Zahlungsunfähgkeit
Insolvenz aber richtig: so vermeiden Sie Anfängerfehler!
Schulden bezahlt - trotzdem Insolvenzverfahren
Geschäftsführer: Vorsicht bei Insolvenzforderungen des Finanzamts

 

 


Muss ein Steuerberater die Wirksamkeit eines Rangrücktritts prüfen?

Mit seinem Urteil vom 26.1.2017 - IX ZR 285/14 hatte der BGH die Steuerberater aufgeschreckt und viele verunsichert. Mit diesem Urteil hat er - das dürfte Konsens sein - eine Kehrtwendung vollzogen und sowohl das Pflichtenspektrum als auch die Haftungsrisiken für Steuerberater bei der Erstellung von Jahresabschlüssen für Krisenmandanten erweitert.

Eine Bilanzierung zu Fortführungswerten ist danach nicht zulässig, wenn innerhalb des Prognosezeitraums damit zu rechnen ist, dass das Unternehmen noch vor dem Insolvenzantrag, im Eröffnungsverfahren oder alsbald nach Insolvenzeröffnung stillgelegt werden wird. Künftig müssen Steuerberater daher regelmäßig eine handelsrechtlichen Going-concern-Prognose einholen und ihren Mandanten (nachweisbar!) einen insolvenzrechtlichen Warnhinweises erteilen.

Schon 2013 hatte der Bundesgerichtshof die Hinweispflichten für Steuerberater verschärft.

Nun habe ich bei Steuerberater Christian Herold den Hinweis auf ein Urteil des Landgerichts Münster vom 23.8.2017, 110 O 40/16 gefunden, dass an anderer Stelle zumindest ein kleiner Trost ist.

Der Insolvenzverwalter hatte eine Steuerberatungsgesellschaft verklagt. Diese war mit der Prüfung der Insolvenzreife der späteren Schuldnerin beauftragt worden. Bei der Prüfung hatte sie allerdings übersehen, dass eine Rangrücktrittserklärung nicht wirksam war. Dadurch war die Insolvenzreife zu spät festgestellt worden und der Insolvenzantrag zu spät gestellt worden. Den dadurch entstandenen Insolvenzverschleppungsschaden von 235.500,63 € hat der Insolvenzverwalter eingeklagt.

Das Gericht ist der Auffassung, dass der Steuerberater im Rahmen der Prüfung der Insolvenzreife einer Gesellschaft die etwaige zivilrechtliche Unwirksamkeit einer Rangrücktrittserklärung aufgrund einer Kündigungsmöglichkeit aus wichtigem Grund für die Zukunft nicht juristisch prüfen muss.

Das Gericht führt aus:

„Der Steuerberater hat bei der Prüfung der Insolvenzreife lediglich die Pflicht, das Vorliegen einer Rangrücktrittsvereinbarung als solcher zu überprüfen. Von deren Wirksamkeit kann und darf er ausgehen, wenn nicht offensichtliche Unwirksamkeitsgründe vorliegen. Die Beurteilung der Insolvenzreife muss und darf er dann ohne Berücksichtigung dieser zurückgetretenen Schulden vornehmen.“

Das klingt gut. Allerdings ist das Urteil noch nicht rechtskräftig, da Berufung zum OLG Hamm eingelegt wurde (OLG Hamm I-25 U 31/17). Ich tippe darauf, dass das OLG das Urteil kassieren wird.

Und natürlich hat Herr Herold recht, wenn er feststellt:

"Liegt ein Rangrücktritt vor, dessen Formulierung nicht glasklar ist (und das ist meistens der Fall), sollte ein Jurist hinzugezogen werden. Zumindest ist der Mandant auf diese Möglichkeit hinzuweisen."

Klarheit darüber zu bekommen, ob er einen Insolvenzantrag stellen muss, um sich nicht strafbar zu machen und nicht persönlich zu haften, liegt aber auch im Eigeninteresse des Unternehmers.


Weg

Insolvenz aber richtig: so vermeiden Sie Anfängerfehler!

Die Schwäbische Zeitung meldet, dass die Staatsanwaltschaft Stuttgart die Prüfung der Insolvenz des Pfullendorfer Küchenbauers Alno übernommen hat.

Die Behörde untersuche, ob es Hinweise auf eine mögliche Insolvenzverschleppung gibt. Die Gesellschafter des Unternehmens werfen dem ehemaligen Vorstandschef und der Finanzchefin vor, das volle Ausmaß der Unternehmenskrise verschwiegen zu haben. Außerdem stellt sich die Frage, ob die Eigentümer andere Gläubiger benachteiligt haben.Read more


Nino-Hochbau

Schulden bezahlt - trotzdem Insolvenzverfahren

Die Nerven meines Mandanten liegen blank. Und das zu recht.

Er hatte - nicht zum ersten Mal - die Sozialversicherungsbeiträge nicht an die Krankenkasse gezahlt. Insgesamt waren rd. 10.000,00 € aufgelaufen. Nun war bei der Krankenkasse die Hutschnur gerissen und sie hatte einen Insolvenzantrag über das Vermögen seiner GmbH gestellt.

Noch bevor das Gericht so richtig aktiv wurde, hat mein Mandant, die kompletten Rückstände bei der Krankenkasse bezahlt. Natürlich, ohne mich vorher zu fragen.

Dabei war er davon ausgegangen, dass damit auch der Insolvenzantrag vom Tisch ist. Aber das war ein Irrtum.Read more


Marodes Haus

Sicher Zufall (Firmenbestattung)

Gestern hatte ich zwei Schlussberichte aus zwei Insolvenzverfahren auf dem Tisch.

Beide Verfahren hatten nichts miteinander zu tun. Das eine Verfahren stammt aus 2008, das andere aus 2011. Die Unternehmen waren in unterschiedlichen Orten und in komplett unterschiedlichen Branchen tätig. Eines montierte Kleinteile für die Möbelindustrie, das andere projektierte und fertigte Kläranlagen.

Na ja, eine Gemeinsamkeit gab es doch: in beiden Verfahren war Herr S. aus Barsinghausen kurz vor der Pleite Geschäftsführer geworden. Dann habe ich noch ein wenig weiter gesucht und siehe da: das Gleiche bei einem Baugeschäft, einem Stahlbauer und einer Bekleidungsfirma. Na Sowas!

In einigen Fällen hatte auch ein Unternehmen, das irgendwas mit Handelsagentur und Beteiligung in der Firma trägt und in einem Reihenhaus in der Nähe der Deister-Freilicht-Bühne residiert, vorher die Anteile der späteren Schuldner übernommen.

Der Mitgeschäftsführer der Handelsagentur, Herr B., hat das gleiche Spielchen auch schon ein paar Mal gespielt. Im Internet findet sich gleich eine ganze Liste weiterer Unternehmen.

Das dahinterstehende Geschäftsmodell ist, die vermeintlich wertvollen Vermögensgegenstände - insbesondere Kundenkontakte - auf eine neue Gesellschaft zu übertragen und die Restgesellschaft in die Insolvenz zu schicken und deren Vermögenswerte billig zu erwerben. Teil dieses Gesamtpakets ist dann eben auch, die Geschäftsführung des bisherigen Unternehmens zu übernehmen.

In den Fällen die ich angeschaut habe, hat das allerdings überhaupt nichts gebracht: die neuen  Gesellschaften waren spätestens nach zwei Jahren auch insolvent und mit Ihnen die Gesellschafter - und Haftungsansprüche hat der Insolvenzverwalter natürlich auch gegenüber den alten Gesellschaftern geltend gemacht.

Der Dumme ist dabei natürlich der alte Unternehmer, denn der ist nochmal Geld losgeworden für einen unsinnigen Rettungsversuch und zahlen muss er am Ende doch. Ich halte das für Geldschneiderei mit den Ängsten und Hoffnungen der Inhaber. Hier habe ich schon einmal etwas dazu geschrieben.

Mein Tipp für Unternehmer: sparen Sie sich das Geld für den "Bestatter" und glauben Sie nicht deren Versprechungen! Einen Insolvenzantrag können Sie selber stellen - die Formulare können Sie hier herunterladen. Und je eher Sie dies nach dem Eintritt der Krise tun, um so geringer ist das Risiko das Sie selbst haften müssen und um so größer die Chance, das Unternehmen zu erhalten.

Wenn Sie wissen wollen, wie Sie Ihre Schäfchen noch ins Trockene bringen, Ihre Familie vor Haftung bewahren und wie Sie sich vor Verfolgung durch den Staatsanwalt schützen, ist vielleicht unser Krisenberatungs-Pauschalangebot "Last-Minute" das Richtige für Sie. Hier gibt es den Flyer im pdf-Format dazu.