Eines der vielen Probleme mit denen sich Geschäftsführer in der Krise ihrer GmbH konfrontiert sehen, ist die persönliche Haftung für Steuerverbindlichkeiten.

Wenn eine GmbH ihre Steuern nicht bezahlen kann, kann die Finanzverwaltung einen so genannten Haftungsbescheid gegen den Geschäftsführer erlassen. Das ist ein relativ unspektakulärer Zettel, auf dem steht, dass der Geschäftsführer privat nun für deren Steuerschulden aufkommen soll.

Im Gesetz – genauer § 69 der Abgabenordnung (AO) – steht dazu:

„Die in den §§ 34 und 35 bezeichneten Personen [das sind insbesondere die gesetzlichen Vertreter] haften, soweit Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung der ihnen auferlegten Pflichten nicht oder nicht rechtzeitig festgesetzt oder erfüllt oder soweit infolgedessen Steuervergütungen oder Steuererstattungen ohne rechtlichen Grund gezahlt werden. Die Haftung umfasst auch die infolge der Pflichtverletzung zu zahlenden Säumniszuschläge.“

Es liegt auf der Hand, dass die Verteidigungsstrategie gegen derartige Haftungsbescheide ist, entweder darzulegen, dass der Geschäftsführer keine Pflichtverletzung begangen hat, oder die Steuerschulden nicht bestehen.

Wenn eine GmbH insolvent wird, gibt es bei letzterem ein besonderes Problem:

Im Insolvenzverfahren meldet das Finanzamt seine Steuerforderungen zur Insolvenztabelle an. Der Insolvenzverwalter prüft die Forderung und stellt diese in der Regel fest, weil die detaillierte Überprüfung dem Insolvenzverwalter nicht möglich ist. Der Geschäftsführer der GmbH kann der Forderung widersprechen, muss es aber nicht. § 178 der Insolvenzordnung (InsO) lautet:

„Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen.“

Da der Insolvenzverwalter die Forderung auch feststellen kann – und im Zweifel auch wird – wenn der Geschäftsführer der Forderung widerspricht, könnte man meinen, dass es keine Rolle spielt, ob der Geschäftsführer überhaupt etwas zu der Forderung sagt.

Der Haken für den Geschäftsführer ist aber, dass er, wenn er der Anmeldung einer Steuerforderung gegenüber der GmbH nicht widerspricht, im Haftungsverfahren gemäß § 166 AO mit Einwendungen gegen die Höhe der Steuerforderung ausgeschlossen ist, wenn er der Forderungsanmeldung hätte widersprechen können, dies aber nicht getan hat. § 166 AO lautet:

„Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.“

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dies mit seiner lesenswerten nun veröffentlichten Entscheidung vom 27.9.17 zu Aktenzeichen XI R 9/16 ausdrücklich bestätigt.

Geschäftsführer sollten daher unrichtige oder geschätzten Anmeldungen der Finanzverwaltung im Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH auf jeden Fall förmlich widersprechen.

Nachtrag:
Am 13.11.2018 hat die Finanzverwaltung beschlossen, die besprochene Entscheidung des Bundesfinanzhofs im Bundessteuerblatt Teil II zu veröffentlichen. Damit werden zugleich die Finanzbehörden die Entscheidungen allgemein anwenden (hier geht’s zum pdf-Schreiben).