Wenn dem Auftragnehmer die Pleite droht, ist guter Rat teuer.

Die Direktzahlung vom Auftraggeber an Lieferanten des Auftragnehmers ist heikel, da diese regelmäßig angefochten werden kann, wenn der Auftragnehmer später insolvent wird. Für den Lieferanten bedeutet das, dass er die Ware herausgegeben hat, aber die vom Auftraggeber erhaltene Zahlung wieder an den Insolvenzverwalter der Auftragnehmerin herausgeben muss.

Nun hat der Bundesgerichtshof im gestern veröffentlichten Urteil vom 17. Juli 2014 zu IX ZR 240/13 gezeigt, wie eine Direktzahlung anfechtungsfest funktioniert und damit ohne Risiko für den Lieferanten.

Was war passiert:

Ein Bauunternehmen hat von einem Unternehmen regelmäßig Fenster und Türen gekauft. Irgendwann hatten sich Verbindlichkeiten gegenüber dem Fensterlieferanten von fast 100.000 € aufgehäuft.

In dieser Situation vereinbarten das Bauunternehmen, der Fensterlieferant und der Auftraggeber, dass letzterer die fällige Werklohnrate statt an die Baufirma direkt an den Fensterlieferanten zahlt und dieser dafür die Fenster und Türen für das Bauvorhaben liefert. Zwei Monate später stellte das Bauunternehmen einen Insolvenzantrag.

Der Bundesgerichtshof hat zunächst festgestellt, dass die Zahlung des Bauherren an die Fensterlieferanten zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung nach § 129 Abs. 1 InsO geführt habe – die Grundvoraussetzung, damit Zahlungen vom Insolvenzverwalter eingefordert werden können (das hatte das OLG Schleswig noch anders gesehen). Gleichwohl hat der Bundesgerichtshof eine Anfechtbarkeit abgelehnt.

Auf den ersten Blick verblüffend ist, dass das Gericht die Leistung nicht für kongruent hält, denn grundsätzlich ist die Direktzahlung durch den Auftraggeber an den Subunternehmer oder Lieferanten eine inkongruente Leistung im Sinne von § 131 Abs. 1 InsO, da dieser die Leistung „nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte“.

Hier hat das Gericht aber angenommen, die Beteiligten hätten in dreiseitigen Verträgen die ursprünglichen Vereinbarungen geändert und dadurch sei der Bauherr doch verpflichtet gewesen, die Zahlung direkt an die Fensterfirma zu leisten.

Auch die Abänderung der ursprünglichen Vereinbarung hält der BGH nicht für anfechtbar, da insoweit ein so genanntes Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO vorgelegen habe. Die Baufirma hatte für die Fenster noch keine Zahlungen an die Fensterfirma geleistet und diese hatte die bestellten Türen und Fenster auch noch nicht ausgeliefert.

Auch eine unmittelbar nachteilige Rechtshandlung nach § 132 InsO sieht das Gericht weder in der Kongruenzvereinbarung noch in der Direktzahlung, da der Werklohnanspruch zu dieser Zeit faktisch wertlos war – denn dieser wäre erst nach Einbau der Fenster und Türen entstanden.

Schließlich verneint das Gericht auch eine vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung im Sinne des § 133 InsO sowohl bei der Kongruenzvereinbarung als auch bei der Direktzahlung, da kein Benachteiligungsvorsatz vorgelegen habe. Das Bauunternehmen habe vielmehr „durch die dreiseitigen Vereinbarungen und die danach unmittelbar nach den Zahlungen zu erfolgenden Auslieferungen der notwendigen Baustoffe erreichen [wollen], dass die Bauvorhaben fortgesetzt wurden und sie somit zum Wohle aller Gläubiger den noch ausstehenden Werklohn verdienen konnte.“

Zusammengefasst ist Folgendes erforderlich, um eine Direktzahlung vom Auftraggeber an den Lieferanten anfechtungsfest hinzubekommen:

  • Dreiseitige Kongruenzvereinbarungen
  • Noch keine Leistungen von Auftraggeber und Lieferanten hinsichtlich der Sache
  • Noch kein fälliger und durchsetzbarer Anspruch gegen den Auftraggeber
  • Durch die Direktzahlung bzw. die Lieferung entsteht (später) ein Anspruch des Auftragnehmers

Die Insolvenzanfechtung ist immer wieder tückisch und lauert an Stellen, an die man zunächst nicht denkt. Wenn Sie sich mit dem Thema befassen (müssen), lesen Sie dazu auch unsere Beiträge zur

Anfechtbarkeit von gezahlter Miete/Pacht (der Klassiker in mittelständischen Unternehmen) und der

Anfechtung bei „Bürgschaftsverschonung“ (ein weiterer Klassiker).

Apropos guter Rat: Wenn Sie in einer ähnlichen Situation sind, rufen Sie uns besser an, um eine rechtssichere Lösung zu finden – bevor es teuer wird.