Kurz vor Weihnachten hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Privilegierung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist (1 BvL 21/12).

Dies wird steuerliche Belastungen für viele Unternehmer bzw. deren Nachfolger mit sich bringen.

Worum geht es?

Konkret geht es um §§ 13a, 13b und 19a des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG).

Diese Normen bestimmen, dass Unternehmen weitgehend oder sogar ganz steuerfrei übertragen werden können, wenn die Betriebe danach mehrere Jahre fortgeführt werden und die Arbeitsplätze erhalten bleiben (siehe unten).

Für andere Erbschaften – wie Geld, Aktien oder Immobilien – gilt diese Privilegierung hingegen nicht: hierfür fallen (mit der Höhe des Erbes und abnehmendem Verwandschaftsgrad steigend) sieben bis 50 % Erbschaftsteuer an.

Die aktuelle Regelung

Nach derzeitigem Recht kann eine Firma steuerbegünstigt übertragen werden, wenn das Unternehmen über fünf Jahre 400 % der ursprünglichen jährlichen Lohnsumme auszahlt. Außerdem darf das sogenannte Verwaltungsvermögen (z.B. vermietete Immobilien, Aktien, Wertpapiere und Streubesitzanteile) 50 % des Firmenwertes nicht übersteigen.

Sind beide Voraussetzungen erfüllt, gibt es einen Steuerrabatt von 85 % (Regelverschonung).

Eine vollständige Befreiung von der Erbschaftssteuer ist möglich, wenn der Nachfolger das Unternehmen sieben Jahre weiterführt und in dieser Zeit 700 % der ursprünglichen jährlichen Lohnsumme auszahlt.

Dann erhöht sich der Abschlag von 85 auf 100 %. Bei dieser Variante dürfen nur zehn Prozent des Firmenwerts zum Verwaltungsvermögen gehören (Verschonungsoption).

Achtung: Auch Schenkungen betroffen

In der Berichterstattung zu dem oben genannten Urteil wurde – passend zur Erbschaftsteuer – meist von „Firmenerben“ gesprochen.

Das ist zwar richtig, allerdings nur die halbe Wahrheit, denn von der Steuer ist nicht nur der Erwerb von Todes wegen erfasst (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG), sondern auch die Schenkungen unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG).

Die Entscheidung hat also auch Auswirkungen auf solche Nachfolgeregelungen, bei denen das Unternehmen „mit warmer Hand“ auf die Kinder übertragen werden soll.

Dies dürfte nicht nur der Hauptanwendungsfall sein, sondern auch der, bei dem sich jetzt noch am leichtesten etwas gestalten lässt.

Fiese Frist im Umwandlungsgesetz

Häufig soll die Übertragung auf die Kinder damit verbunden werden, das in der Vergangenheit gewachsene Unternehmen gesellschaftsrechtlich neu zu strukturieren.

Typisch sind die Umwandlung des Unternehmens von einem Einzelunternehmen in eine GmbH, das Ausgliedern von Geschäftsbereichen in einzelne Gesellschaften oder das Zusammenführen in neuen Gesellschaften.

Dieser Wechsel des rechtlichen Kleides ist in der Terminologie des Gesetzes möglich durch Verschmelzung, Spaltung (Aufspaltung, Abspaltung, Ausgliederung), Vermögensübertragung und durch Formwechsel und vollzieht sich zivilrechtlich nach den Regeln des Umwandlungsgesetzes (UmwG) und steuerlich nach dem Umwandlungssteuergesetz (UmwStG).

Diese Gesetze bestimmen, dass eine Verschmelzung nur eingetragen werden darf, wenn die Bilanz auf einen höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegenden Stichtag aufgestellt worden ist (§ 17 Abs. 2 UmwG, § 20 Abs. 8 UmwStG). Daraus ergibt sich eine Acht-Monats-Frist nach dem letzten Bilanzstichtag.

Wie werden die Neuregelungen aussehen?

Das Gericht hat dem Gesetzgeber bis 30. Juni 2016 Zeit für eine Neuregelung gegeben. Bis dahin gelten die bisherigen Regeln fort.

Wie die neuen Regeln aussehen werden, weiß derzeit noch niemand. Wahrscheinlich ist aber, dass künftig bei Erbschaft und Schenkung von Beteiligungen an größeren Kapitalgesellschaften, Steuern anfallen werden.

Bei Familienunternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern wird sich im besten Falle nur der bürokratische Aufwand erhöhen, da auch diese künftig höchstwahrscheinlich nachweisen müssen, dass die Lohnsumme bestimmte Grenzen nicht unterschritten hat – zudem reduziert sich die Flexibilität des Nachfolgers, da er von Personalmaßnahmen absehen muss, wenn er den Steuervorteil nicht gefährden will.

Empfehlungen

Falls Sie einen Anstoß gebraucht haben sollten, ist die bevorstehende Änderung der steuerlichen Regelungen bei der unentgeltlichen oder zum Teil unentgeltlichen Übertragung von Unternehmen auf die nächste Generation der richtige Anlass, das Thema anzugehen.

Durch eine rechtzeitige Übertragung können Steuer- und Pflichtteilsansprüche verringert werden. Außerdem können Sie die Nachfolge weitgehend selbst regeln und den Nachfolger einarbeiten und so ein bestelltes Feld hinterlassen.

Wenn im Zuge der Nachfolgeregelung auch eine gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung im Raum steht, sollten Sie keine Zeit verlieren, denn der August 2015 (Acht-Monats-Frist nach dem Bilanzstichtag 31.12.2014) kommt schneller  näher als man denkt – und bis dahin bleibt noch einiges zu tun.

Wieder einmal gilt, was der 1321 verstorbene Dichter Dante Alighieri schon vor ein paar hundert Jahren festgestellt hat:

Der eine wartet, daß die Zeit sich wandelt,
der andere packt sie kräftig an und handelt.

Nachtrag: Mittlerweile ist die Erbschaft- und Schenkungsteuer grundlegend verändert worden.