In seiner Kolumne in der New York Times berichtet Justin Wolfers unter dem Titel „Was gute Marathonläufe und schlechte Investitionen gemeinsam haben“ über eine Forschungsarbeit von vier Wissenschaftlern von Wirtschaftsfakultäten amerikanischer Universitäten
Die Forscher Allen, Dechow, Pope und Wu haben die Zielzeiten unzähliger Marathonläufe ausgewertet (insgesamt 9.378.546 Einzelzeiten!), um herauszufinden, welche Rolle Ziele spielen (oder, wie sie schreiben, die Hypothese zu testen, dass Individuen Ergebnisse relativ zu einem neutralen Referenzpunkt als Gewinne bzw. Verluste bewerten).
Die Auswertung der Daten zeigt, dass es charakteristische Häufungen der Zielzeiten vor bestimmten „runden“ Zeiten gibt (3 Stunden, 3,5 Stunden, 4 Stunden etc.). Diese runden Zahlen, schließen die Wissenschaftler, dienen als Referenzpunkte, die das eigene Verhalten steuern. (Die Grafiken im Aufsatz sind ziemlich deutlich.)
Wolfers stellt die Parallele zu seiner Schwester her, die den Berlin-Marathon in 2:59:59 gelaufen ist (Glückwunsch!) und deren Befriedigung nicht aus einem willkürlichen Zusammenhang zwischen Zeit und Entfernung resultiert, sondern daraus, sich ein Ziel gesetzt und dieses erreicht zu haben („unter drei Stunden“).
Diese selbst gesetzten, letztlich beliebigen, Ziele stellen die Messlatte dar, ob wir ein Ergebnis als Erfolg oder Misserfolg werten.
Der individuelle Zusammenhang zwischen einem Nutzen und dem Aufwand der seine Erreichung rechtfertigt ist also nicht stetig, sondern diskret und abhängig von den den individuellen Zielen: Die Erreichung eines gesetzten Ziels rechtfertigt einen höheren Einsatz.
Unglücklicherweise führt dieser Mechanismus im Wirtschaftsleben zu fatalen Fehlentscheidungen. Beispielsweise, wenn das Ziel beim Verkauf des eigenen Hauses vollkommen losgelöst vom zwischenzeitlich eingetretenen Preisverfall darin liegt, den Kaufpreis wieder „hereinzuholen“.
In unserem Spezialgebiet – dem Kauf und Verkauf von Unternehmen – sind solche beliebigen und nicht immer bewussten Zielvorstellungen ebenfalls weit verbreitet. Damit macht es sich der Verkäufer manchmal selbst schwer, eine für ihn optimale Lösung zu finden. Warum, hatten wir im Zusammenhang mit dem Haus von Air Jordan hier schon beschrieben.
Ergebnis: Ziele können zwar nützlich sein, wenn sie uns motivieren uns, aber wenn beliebige Ziele zu willkürlichen Entscheidungen führen, sind sie schädlich. Aus der Luft gegriffene runde Zahlen sind definitiv kein guter Wegweiser für wirtschaftliche Entscheidungen.