Herr Weber hatte über die letzten zwanzig Jahre immer wieder gute Ideen gehabt, um die Firma voranzubringen – ich erinnere mich noch an die Forschungskooperation mit der Universität, die ihm zahlreiche Innovationspreise und gute Umsätze bescherte.

Dieses Mal hatte er eine wirklich gute Idee, Rentabilität und Liquidität der Gesellschaft zu verbessern; da war er ein Fuchs – nicht umsonst hatten die Kollegen aus der Geschäftsführung ihm den kaufmännischen Bereich übertragen.

Dass die Idee vielleicht doch nicht ganz so gut war, wurde ihm allerdings spätestens in dem Moment klar, als ein Schreiben auf seinem Tisch landete, in dem ihm erklärt wurde, dass

„Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft [wird], wer den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht […] und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt“ (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 A0).

Außerdem haftet der „Täter“ nach § 71 AO natürlich für die hinterzogenen Steuern mit seinem Privatvermögen – adé Einfamilienhaus.

Jedenfalls war er nicht allerbester Stimmung als er mich anrief. Zum Glück war die Sache nicht ganz so klar, wie die Ermittler glaubten (tatsächlich war es sogar außerordentlich kompliziert) und im Ergebnis ist es relativ glimpflich über den Tisch gegangen. Das Familienheim ist nicht weg und und hinter schwedischen Gardinen nächtigen muss er auch nicht.

Darum soll es hier aber gar nicht gehen, sondern darum, ob den Mitgeschäftsführern die Aufgabenteilung etwas genutzt hätte.

Grundsätzlich sind bei Personengesellschaften alle Gesellschafter für die Geschäftsführung zuständig und damit auch für die steuerlichen Angelegenheiten der Gesellschaft. Entsprechendes gilt, wenn es in einer GmbH mehrere Geschäftsführer gibt.

Den anderen kam zugute, dass es in dem Unternehmen einen schriftlichen Gesellschafterbeschluss darüber gab, wer sich um was kümmert – keineswegs Standard in Unternehmen übrigens.

Und da Herr Weber den Job schon lange, gut und sorgfältig gemacht hatte, wurde die Verantwortlichkeit der übrigen Mitunternehmer grundsätzlich auf ihr eigenes Ressort begrenzt. Jedenfalls soweit und solange für sie kein Anlass bestand, anzunehmen, dass die steuerlichen Pflichten nicht erfüllt werden.

Dabei haben die anderen Gesellschafter allerdings durchaus eine Pflicht zur Kontrolle ihres Mitgesellschafters im Rahmen des Zumutbaren und Möglichen (so BGHSt 7, 336), wobei es – natürlich – auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Hier würde ich die Hand nicht dafür ins Feuer legen, dass es gereicht hätte, wenn es zum Schwur gekommen wäre – aber zum Glück war das ja kein Thema.

Zwischenzeitlich haben wir übrigens in dem Unternehmen ein CMS eingeführt – ein Compliance Management System, dass sicherzustellen soll, dass Risiken für erhebliche Regelverstöße rechtzeitig erkannt werden und solche Regelverstöße verhindert bzw. erkannt werden. Das war weniger Arbeit als vorher befürchtet – und auf jeden Fall besser als im Knast zu landen.

Und weil es so schön ist, hier noch einmal der Link zu unserer Grafik, was des Volkes Stimme zur Strafffreiheit bei Selbstanzeige nach Steuerhinterziehungen sagt.