Die Nerven meines Mandanten liegen blank. Und das zu recht.

Er hatte – nicht zum ersten Mal – die Sozialversicherungsbeiträge nicht an die Krankenkasse gezahlt. Insgesamt waren rd. 10.000,00 € aufgelaufen. Nun war bei der Krankenkasse die Hutschnur gerissen und sie hatte einen Insolvenzantrag über das Vermögen seiner GmbH gestellt.

Noch bevor das Gericht so richtig aktiv wurde, hat mein Mandant, die kompletten Rückstände bei der Krankenkasse bezahlt. Natürlich, ohne mich vorher zu fragen.

Dabei war er davon ausgegangen, dass damit auch der Insolvenzantrag vom Tisch ist. Aber das war ein Irrtum.

Hintergrund ist der mit Wirkung zum 01.01.2011 in das Gesetz eingefügte § 14 Abs. 1 S.2 InsO. Dieser lautete zunächst:

War in einem Zeitraum von zwei Jahren vor der Antragstellung bereits ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners gestellt worden, so wird der Antrag nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird.

Zum 05.04.2017 ist die Regelung aus Gläubigersicht noch einmal verschärft worden und lautet jetzt:

Der Antrag wird nicht allein dadurch unzulässig, dass die Forderung erfüllt wird.

Das Interesse des antragstellenden Insolvenzgläubigers an der Verfahrenseröffnung bleibt nun also trotz Zahlung bestehen.

Wenn ein Sozialversicherungsträgers den Antrag gestellt hat, entfällt dessen Rechtsschutzinteresse nur, wenn der Schuldner das Arbeitsverhältnis des bei dem Gläubiger versicherten Arbeitnehmers kündigt und die Betriebsstätte geschlossen hat, also keine neuen Verbindlichkeiten entstehen können (so BGH vom 12.07.2012, IX ZB 18/12).

Hess schreibt dazu im Kölner Kommentar zur InsO, zu § 14 unter Rn 191 f., die Gesetzesmaterialien machten deutlich, dass die Änderung des § 14 auf eine Neudefinition des Gesetzeszwecks abzielt. Während bisher das Insolvenzrecht die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung mit anderen Mitteln war, meine der Gesetzgeber nunmehr, das Insolvenzantragsrecht werde dem Gläubiger nicht nur im eigenen Interesse, sondern auch im Interesse der Gläubigergesamtheit zugebilligt.

In dieser Situation ist das Mittel der Wahl, mit der Krankenkasse vor Zahlung zu klären, ob diese nach Begleichung der Rückstände den Antrag zurücknimmt. Ggf. lässt sich die Krankenkasse dadurch überreden, dass nicht der Schuldner selbst, sondern Dritte die Zahlung leisten; so entfällt für die Kasse das Risiko, dass sich ein späterer Insolvenzverwalter das Geld zurück holt.

Hier ließ sich die Krankenkasse allerdings nicht überreden, den Antrag zurückzunehmen. Dem Mandanten bleibt damit nur die Hoffnung, dass das Insolvenzgericht erst einmal nur einen Sachverständigen mit der Prüfung beauftragt, ob ein Insolvenzgrund vorliegt (§ 5 Abs. 1 InsO) und nicht direkt Sicherungsmaßnahmen nach § 21 InsO anordnet – denn wenn erst einmal ein vorläufiger Insolvenzverwalter alle Kunden angeschrieben hat, sieht es mit der Fortführungsprognose ganz düster aus.