Der Erwerb eines insolventen Unternehmens kann ein gutes Geschäft sein – sowohl für Mitbewerber, die Marktanteile oder lukrative Kunden dazu gewinnen wollen, als auch für Unternehmensgründer, die so die Anlaufzeit verringern können.

Oft schrecken Investoren jedoch zurück, wenn es um den Kauf eines Unternehmens vom Insolvenzverwalter geht, weil ihnen die Insolvenzsituation nicht geheuer ist. Das muss nicht sein, denn es gibt eine Reihe von Besonderheiten, dies sich zum Vorteil des Käufers nutzen lassen – das ist Absicht, denn das erklärte Ziel des Gesetzgebers ist es, die Sanierung von Unternehmen zu erleichtern.

Das Wesentliche in Kürze:

Allgemeines

Wenn Sie ein Unternehmen aus der Insolvenz erwerben, geschieht dies meist im Wege eines so genannten Asset Deals. Das bedeutet, es werden lediglich einzelne Vermögensgegenstände erworben – also zum Beispiel die Betriebsimmobilie, Maschinen, Vorräte, Patente und/oder eine Internetdomain.

Oft wird dazu eine neue Gesellschaft gegründet, die dann als Käuferin auftritt, das muss aber nicht sein.

Die Schulden des insolventen Unternehmens werden nicht übernommen.

Der Insolvenzverwalter darf auch Gegenstände verwerten, an denen Absonderungsrechte bestehen (§ 166 InsO), also beispielsweise sicherungsübereignete Maschinen. Sogar mit Aussonderungsrechten belastete Gegenstände, also gemietete oder unter einfachem Eigentumsvorbehalt gelieferte Waren, kann der Insolvenzverwalter unter bestimmten Voraussetzungen verkaufen (siehe § 48 InsO). Diese Gegenstände gehen ohne Belastungen auf den Käufer über.

Vertragsverhältnisse, Arbeitsverträge

Verträge – mit Ausnahme der Arbeitsverträge – werden nicht übernommen.

Das bedeutet auf der einen Seite, dass Sie ungünstige Verträge loswerden können, birgt aber auch das Risiko, das lukrative Verträge verloren gehen können. Meist sind die bisherigen Vertragspartner aber daran interessiert, weiter mit dem übernommenen Unternehmen zusammenzuarbeiten, so dass eine Vertragsübernahme in aller Regel problemlos möglich ist.

Für Arbeitsverhältnisse gilt die Schutzvorschrift des § 613a BGB – dieser bestimmt:

Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.

Eine Kündigung Wegen des Betriebsübergangs ist nicht möglich, wohl aber aus anderen Gründen, beispielsweise zum Zwecke einer Sanierung des Unternehmens (§ 613a Absatz 4 BGB).

Zudem gelten im Insolvenzverfahren verkürzte Kündigungsfristen. § 113 Satz 1 und 2 InsO bestimmt:

Ein Dienstverhältnis, bei dem der Schuldner der Dienstberechtigte ist, kann vom Insolvenzverwalter und vom anderen Teil ohne Rücksicht auf eine vereinbarte Vertragsdauer oder einen vereinbarten Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist.

Außerdem gibt es für einen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellten Sozialplan einige Besonderheiten, die eine Sanierung erleichtern sollen (§ 123 InsO).

Kaufpreis & Kaufpreisverhandlungen

Meistens verfügt der Verwalter nicht über umfassende Unterlagen und Dokumentationen über das betreffende Unternehmen, so dass die Due-Diligence, also die Prüfung des Unternehmens, hier oft nicht in der gleichen Tiefe erfolgen kann. Meistens lässt der Verwalter eine Inventarisierung und Bewertung des beweglichen Anlagevermögens, sprich der Maschinen und der Betriebs- und Geschäftsausstattung, erstelle. Buchhaltungs- und Kalkulationsunterlagen kann er häufig nicht oder nicht komplett vorlegen.

Der Insolvenzverwalter hat – zumindest in der Regel – keine Zeit, eine Unternehmensbewertung nach anerkannten Standards vornehmen zu lassen. Diese ist für ihn auch nicht relevant, da seine Preisvorstellung nicht primär von künftigen Erträgen ausgeht, sondern von anderen Faktoren, beispielsweise alternativen Verwertungsmöglichkeiten und durch den Verkauf ersparte Aufwendungen für die Insolvenzmasse.

Der Verwalter erwartet, dass Sie als Kaufinteressent ein Angebot unterbreiten. Dieses wird er dann in der Regel mit den Sicherungsgläubigern abstimmen und auf dieser Basis ggf. weitere Verhandlungen mit Ihnen führen.

Meistens sind Verhandlungen mit dem Insolvenzverwalter relativ einfach, da dieser rational agiert und er keine versteckte Agenda hat. Zudem ist es auch sein Interesse, das Unternehmen im Wege einer übertragenden Sanierung zu erhalten.

Unternehmenskaufvertrag

In dem Unternehmenskaufvertrag wird der Verwalter meist umfangreiche Haftungsausschlüsse vereinbaren. Er kann in der Regel keine Zusagen machen und Garantieren abgeben, da er das Unternehmen nicht kennt.

Außerdem ist die Veräußerung des Unternehmens von der Zustimmung der Gläubigerversammlung abhängig (§ 160 Absatz 2 Nr. 1 InsO); je nachdem, in welchem Stadium des Insolvenzverfahrens die Verhandlungen stattfinden, kann es daher sein, dass der Kaufvertrag unter einer aufschiebenden Bedingung geschlossen werden muss. Auch dass noch im vorläufigen Verfahren ein unwiderrufliches Kaufangebot abgegeben wird, dass der Verwalter erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens annimmt, ist nicht unüblich.

Fazit

Der Erwerb eines Unternehmens aus der Insolvenz bietet die Chance, sich die „Rosinen herauszupicken“, für den, der sie zu nutzen weiß.

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