Im Hinblick auf Strafen und Strafrecht hatte ich kürzlich schon einmal polemisch „Strafe = Preis“ geschrieben.

Dazu passt ein Gastbeitrag von Professor Jürgen Wessing über den ich im Wiwo-Blog gestolpert bin und der den Titel trägt „Das Unternehmensstrafrecht soll tot sein? Was für ein Irrtum“.

Professor Wessing zitiert den Koalitionsvertrag der großen Koalition (Seite 145):

“Mit Blick auf strafbares Verhalten im Unternehmensbereich bauen wir das Ordnungswidrigkeitenrecht aus. Wir brauchen konkrete und nachvollziehbare Zumessungsregeln für Unternehmensbußen. Wir prüfen ein Unternehmensstrafrecht für multinationale Konzerne. Das Recht der Vermögensabschöpfung werden wir vereinfachen, die vorläufige Sicherstellung von Vermögenswerten erleichtern und eine nachträgliche Vermögensabschöpfung ermöglichen. Wir regeln, dass bei Vermögen unklarer Herkunft verfassungskonform eine Beweislastumkehr gilt, so dass der legale Erwerb der Vermögenswerte nachgewiesen werden muss. Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen wollen wir unter Strafe stellen.”

Das Konzept ist also, strafbares Verhalten „teurer“ zu machen. Das ist schlüssig, denn nach der von Gary Becker entwickelten ökonomischen Theorie des Verbrechens ist Kriminalität eine Tätigkeit wie jede andere und kann über ein individuelles Nutzenkalkül des Täters abgebildet werden.

Die Tat wird begangen, wenn der Gewinn aus der Straftat größer ist als die Kosten; da es hier für den Täter um eine Risikoeinschätung vor Begehung der Tat geht, handelt es sich genauer gesagt um den Erwartungsnutzen. Dabei geht es beim Nutzen sowohl um monetäre Größen als auch um nichtmonetäre Größen.

Gerade im Bereich des Unternehmensstrafrechts ist es auch schlüssig, mit den Erkenntnisses aus der Rational Choice Theorie zu arbeiten, denn in diesem Bereich ist die Annahme der Täter handle nutzenorientiert plausibel – vor allem, wenn als Tat (auch) das „Unterlassen von Compliance“ verstanden wird.

Allerdings kommt es für die Nutzenabwägung des Täters nicht nur auf die mögliche Strafhöhe an, sondern ganz erheblich auch auf die Verurteilungswahrscheinlichkeit; der Strafverfolgung kommt also entscheidende Bedeutung bei.

Ein Ansatz sind hier mathematisch ökonomische Modelle wie die Arbeit von Stefano DellaVigna und Eliana La Ferrara „Detecting Illegal Arms Trade“  (American Economic Journal: Economic Policy 2 (November 2010): 26–57), die anhand von Schwankungen an den Aktienmärkten nachgewiesen haben, welche Unternehmen Handelsembargos umgangen haben.

Ich befürchte allerdings, dass statt einem systematischen Unternehmensstrafrecht am Ende doch etwas ganz anderes herauskommt.