Gerade habe ich das Thema wieder auf dem Tisch: In so gut wie jedem Unternehmenskaufvertrag gibt es Klauseln, in denen der Verkäufer versichert, dass die dem Käufer vorgelegten Jahresabschlüsse „richtig“ sind.

Eine typische Bilanzgarantie lauten beispielsweise:

Der Jahresabschluss ist mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften erstellt worden und vermittelt ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft.

Das klingt harmlos, denn dass die Bilanz ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln muss (sog. „true an fair view“) steht ohnehin in § 264 Abs.2 HGB und ein ordentlicher Kaufmann ist der Verkäufer schließlich sowieso.

Allerdings wird diese Klausel seit einem viel diskutierten Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 07.05.2015 (26 U 35/12) als objektive oder „harte“ Bilanzgarantie verstanden.

Damit verspricht der Verkäufer die vollständige sachliche Richtigkeit der Bilanz bzw. des Jahresabschlusses. Im Zweifel kann dies auch eine Haftung für Sachverhalte bedeuten, die ihm im Zeitpunkt der Erstellung der Bilanz bzw. des Jahresabschlusses unbekannt waren.

Wenn die Bilanz dann doch falsch war, hat der Verkäufer der Käufer so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die entsprechende Garantie richtig wäre. Für die Berechnung des Schadens gibt es zwei Lösungsmöglichkeiten:

  • Zum Einen die sogenannte Bilanzauffüllung. Dabei wird verglichen, wie der Wert der entsprechenden Bilanzposition in der „garantierten″ Bilanz abgebildet war und wie dieser in der „korrekten“ Bilanz hätte abgebildet werden müssen. Der zu ersetzende Schaden ist dann die Differenz zwischen diesen Werten.
  • Zum Anderen den Kaufpreisdifferenzschaden. Dabei wird der tatsächlich gezahlte Kaufpreis mit dem hypothetischen Kaufpreis verglichen, der bei Zugrundelegung der „korrekten“ Bilanz gezahlt worden wäre. Die Frage ist dann, ob und wie sich die Abweichung auf die Unternehmensbewertung ausgewirkt hat.

Angesichts dieser Folgen und der Haftung für Tatbestände die ihm nicht bekannt waren, ist es für den Verkäufer sinnvoll, die Bilanzgarantie auf seine subjektive Kenntnis zu beschränken und etwa zu formulieren:

Die Bilanz ist mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns und unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften erstellt worden und vermittelt nach dem Wissen des Verkäufers ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft.

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Außerdem sollte definiert werden, wann eine Bilanz überhaupt falsch ist und dafür der – wie Juristen sagen – normativ-subjektive Fehlerbegriff des Handelsrechts zugrunde gelegt werden und geregelt werden. Außerdem sollte geregelt werden, welchen Schaden der Verkäufer dem Käufer zu ersetzen hat, falls die Garantie sich als falsch erweist. Ein Formulierungsbeispiel kann so aussehen:

Der Verkäufer ist dem Käufer zum Ersatz des Schadens verplichtet, falls die vorgenommene Bilanzierung gegen einschlägige gesetzliche Vorschriften einschließlich der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verstößt und ein ordentlicher Kaufmann diesen Verstoß nach den im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bestehenden Erkenntnismöglichkeiten bei pflichtgemäßer Prüfung hätte erkennen können.

Als Schaden gilt die Differenz zwischen dem korrekten Bilanzansatz und dem tatsächlichen Bilanzansatz (Bilanzauffüllung). Eine Haftung für Schäden aufgrund unrichtiger Bewertung, unrichtiger Annahmen oder Berechnungen des Kaufpreises beziehungsweise einzelner Positionen des Kaufpreises wird ausgeschlossen.

So kann der Verkäufer deutlich besser schlafen.