Ein Maschinenbauer soll im Rahmen einer übertragenden Sanierung im Insolvenzverfahren erhalten werden. Ich organisiere für den Insolvenzverwalter den Investorenprozess.

Einer der potentiellen Investoren ist zugleich einer der Hauptkunden des Unternehmens. Ihm geht es im Rahmen der Prüfung des zu kaufenden Unternehmens neben vielem anderem auch um die Kalkulationen und Nachkalkulationen für die eigenen Aufträge.

Das ist clever – vor allem, falls das Unternehmen später an einen anderen Käufer gehen würde, denn dann weiß er als Kunde, wie seine Aufträge kalkuliert werden.

Daher entscheide ich mich in Abstimmung mit dem Insolvenzverwalter, die Details dieser Aufträge erst offen zu legen, wenn der Investor ein bindendes Angebot abgegeben hat, das Unternehmen unter bestimmten Bedingungen zu erwerben (alle anderen Kalkulationen und sämtliche sonstige Unterlagen aus dem Rechnungswesen bekommt er aber natürlich zu sehen).

Dieses Vorgehen ist vollkommen üblich und auch nötig, um das Unternehmen vor Nachteilen zu bewahren. Natürlich teile ich dies dem Investor mit und erkläre ausführlich warum.

Für den Tag X ist eine Besprechung bei dem zu übernehmenden Unternehmen geplant – immerhin mit dem Vorstandsvorsitzenden und dem kaufmännischen Leiter des Investors und deren Steuerberater.

Dabei geht es dann allerdings überhaupt nicht mehr um die angeforderten Unterlagen. Vielmehr starten die drei einen neuen Versuch an die Kalkulationen zu kommen.

Unter dem Vorwand, „mal eben die Aktualität der Kalulationssoftware prüfen“ zu wollen, möchte der kaufmännische Leiter Zugriff auf den Computer eines Mitarbeiters, der Angebote schreibt und die Nachkalkulationen betraut. Netter Versuch, aber das klappt natürlich nicht.

Während darüber noch diskutiert wird, verlässt der Steuerberater den Raum und wendet sich direkt an die für Personalfragen zuständige Sachbearbeiterin: er benötige dringend Einsicht in das Lohnjournal und die kompletten Personalakten. Und damit das Ganze auch flott über die Bühne geht, wird die verblüffte Sachbearbeiterin gebeten, doch freundlichst ihren Arbeitsplatz zu räumen, damit er sich selbst an ihrem Computer einen Überblick verschaffen kann.

Es gibt Dinge, die sollen einfach nicht gut enden: Auch dies klappt natürlich nicht und ich muss dem leicht bedröppelt dreinblickenden Dreiergestirn erklären, wie ich mir die Sache mit dem gegenseitigen Respekt vorstelle.

Der Vorstand nimmt dies zum Anlass, hochroten Kopfes und erbosten Schrittes das Unternehmen zu verlassen; seinen Kaufmännischen Leiter und den Steuerberater hat er – Gott sei Dank – im Schlepptau.

Fast überflüssig zu erwähnen, dass der Möchtegern-Investor sich danach überhaupt nicht mehr gemeldet hat, oder?

Als „Mädchen“ hat man es im M&A-Bereich nicht grundsätzlich leichter – das Gegenteil ist eher der Fall. In diesem Sinne: Sei PIPPI nicht Annika!!

(Das „PIPPI“-Foto stammt übrigens von einem Bauzaun in München)