„Wenn wir also einen Markt wollen, in dem Menschen bessere Entscheidungen treffen, müssen wir ihnen die Ausreden nehmen.“
(Caroline Schmidt zitiert Armin Falk auf Spiegel Online)
Als ich mit dem Jurastudium angefangen habe, war ich „versaut“, denn davor habe ich Wirtschaftswissenschaften studiert – und das mit Hingabe. Ich liebte die mathematische Klarheit mikroökonomischer Modelle und die Idee, dass Entscheidungen so getroffen werden, dass der Nutzen maximiert wird.
Im Jurastudium diskutierte Professor Hans Albrecht Hesse in einer der ersten Vorlesungen zur Rechtssoziologie mit uns die Frage, warum wir Jura studieren.
Mein Ziel war, meinen Werkzeugkasten zu füllen, um Interessen durchzusetzen – Jura war ein Werkzeug neben anderen; nicht mehr und nicht weniger (ich weiß noch, dass ein Mitstudent mich deshalb als „Faschist“ beschimpfte).
Auch in meiner Doktorarbeit habe ich einen eher neoklassischen Ansatz gewählt: Obwohl es um Hardcore-Bilanzrecht ging, war die eigentliche Frage „Wie reagieren die Betroffenen, wenn der Gesetzgeber die Regeln ändert und wie hoch ist der ‚Preis‘ für ein kalkuliertes Fehlverhalten?“
Seien wir ehrlich: Gerechtigkeit kommt im Gesetz kaum vor und wenn sie zufällig passiert, ist es eher ein Glücksfall. Für das Recht an sich, wohlgemerkt, nicht notwendig auch für den Betroffenen, der im Zweifel etwas ganz anderes für fair hält. Die Perspektive des Individuums und die desjenigen, der den institutionellen Rahmen setzt, sind vollkommen unterschiedlich und müssen es auch sein.
Interessant ist in diesem Zusammenhang der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 13.09.2013, Aktenzeichen V ZR 136/13. Das Gericht meint (unter anderem) dass jedenfalls der (BGH-)Anwalt nicht verpflichtet ist, Schriftsätze nach Vorgaben des Mandanten zu fertigen oder zu überarbeiten.
Die Entscheidung wurde kritisiert, weil es – so war zu lesen – dem Bundesgerichtshof nur darum gegangen sei, die Filterfunktion seiner speziellen Anwaltschaft zu erhalten.
Ich meine, es geht um mehr, nämlich darum, welches Berufsverständnis der Anwalt hat (haben sollte): sind wir bloß Werkzeuge und „Ausreden“ für den Mandanten oder geht es um mehr?
Aus meiner Sicht ist der Anwalt, der seinem Mandanten alles recht machen will und alles macht, ein schlechter Anwalt. Man kann das Moral nennen, aber auch Nutzenmaximierung für Anwalt und Mandant, denn langfristig hat Aufrichtigkeit eine ziemlich hohe Rendite.
(Sorry, dass es so lang geworden ist – an sich wollte ich nur den Spiegel-Artikel empfehlen)