Heute hatte ich endlich Gelegenheit, mich intensiver mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 18.11.2014 in der Sache II ZR 231/13 zu befassen, das für den einen oder anderen Geschäftsführer einer Gesellschaft in der Krise das Leben leichter machen dürfte.

Folgendes war passiert:

Ein Insolvenzverwalter hatte den vormaligen Geschäftsführer der Geschäftsführungs-GmbH einer GmbH & Co. KG (seiner Schuldnerin) verklagt.

Dieser Geschäftsführer hatte für die GmbH & Co. KG noch nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit mit ihrer Muttergesellschaft einen Darlehensvertrag geschlossen, wonach die spätere Schuldnerin nach Bedarf einen Betrag von 150.000 € in Anspruch nehmen konnte.

Der Darlehensbetrag von 150.000 € wurde auf ein in Soll geführtes Konto der Schuldnerin ausgezahlt und kurz darauf von ihr wieder zurückbezahlt. Wiederum kurze Zeit später wurden erneut 150.000 € von der Muttergesellschaft auf das Konto der Schuldnerin überwiesen.

Der Insolvenzverwalter der Schuldnerin verlangt von dem Geschäftsführer 150.000 € aufgrund der zunächst von ihm an die Darlehensgeberin zurückgezahlten 150.000 €.

Rechtsgrund ist § 130a HGB, der bestimmt, dass die Organe einer Gesellschaft für den Schaden aufkommen müssen, der dadurch eintritt, dass sie nach Eintritt der Insolvenzreife noch Zahlungen leisten. Diese Norm stellt – ebenso wie § 64 GmbHG – ein erhebliches Risiko für Geschäftsführer dar.

Das Landgericht gab der Klage statt. Das Oberlandesgericht wies sie auf die Berufung des Geschäftsführers hin ab. Die Revision des Insolvenzverwalters hatte vor dem BGH – zum Glück für den Geschäftsführer – keinen Erfolg.

Der BGH hat festgestellt, dass die Haftung des Geschäftsführers nach § 130a Abs. 1, § 177a S. 1 HGB für die Rückzahlung der ersten 150.000 € durch die erneute Überweisung des gleichen Betrags auf das Konto der Schuldnerin erloschen ist.

Die Ersatzpflicht des Organs für Zahlungen nach Insolvenzreife nach § 130a Abs. 1 HGB i.V.m. § 177a S. 1 HGB entfalle, soweit die durch die Zahlung verursachte Schmälerung der Masse in einem unmittelbaren Zusammenhang mit ihr ausgeglichen wird. § 130a Abs. 1 HGB soll im Interesse einer Gleichbehandlung der Gläubiger eine Schmälerung der Masse nach Eintritt der Insolvenzreife ausgleichen. Der Erstattungsanspruch gegen das Organ müsse folgerichtig nicht nur bei Erfüllung durch das Organ entfallen, sondern auch, wenn die Massekürzung anderweitig ausgeglichen und der Zweck der Ersatzpflicht erreicht ist.

Dass der Gegenstand des Massezuflusses auch bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch vorhanden ist, ist nach Auffassung des BGH nicht erforderlich. An „anders zu verstehenden Entscheidungen“ hält das Gericht ausdrücklich nicht mehr fest.

Es bestehe kein Erstattungsanspruch gegen das Organ mehr, soweit es dem Insolvenzverwalter gelingt, durch die Insolvenzanfechtung eine Rückerstattung der Zahlung zu erreichen und so die Masseschmälerung wettzumachen oder wenn die Massekürzung dadurch ausgeglichen wird, dass für die Zahlung ein Gegenwert in das Gesellschaftsvermögen gelangt ist, und der Sache nach lediglich ein Aktivtausch vorliegt. 

Für Geschäftsführer, die sich mit Haftungsansprüche konfrontiert sehen, ergeben sich damit Änderungen auch hinsichtlich ihrer Kooperation mit einem späteren Insolvenzverwalter, denn wenn dieser Anfechtungsansprüche realisieren kann, wird damit zugleich der Geschäftsführer von seiner Haftung befreit.