Über den Kollegen Melchior aus Wismar bin ich auf ein lesenswertes Urteil des OLG Frankfurt vom 10.04.2006 gestoßen (25 U 158/03).

Inhaltlich geht es um die Anfechtung von Lebensversicherungsguthaben, die im Zeitraum der Krise von der Versicherung des Schuldners an die Ehefrau bzw. Schwiegermutter eines der Gesellschafter ausgeschüttet wurden. 

Kläger war also der Insolvenzverwalter, der – vermutlich – kein Jurist war. Dieser lies sich zwar anwaltlich vertreten, war nach Auffassung des Gerichts aber „federführend für die Schriftsätze„.

Dabei hat er sich allerdings nicht gerade mit Ruhm bekleckert, denn er hat ebenso falsch wie an der Sache vorbei vortragen lassen.

Das offenbar genervte Gericht hat ihm dann auch im Urteil entsprechend abgekanzelt und zwar unter anderem so:

„Der Kläger hat nicht verstanden, daß […]

„Das folgt aus […] und entspricht, auch wenn das dem Kläger offenbar neu ist, seit Jahrzehnten einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur.“

Nicht nachvollziehbar sind auch die Schlußfolgerungen aus […]“

„Daran scheitert er [der Kläger] gründlich.“

„Daß der Kläger – in grotesk falscher Verwendung des Begriffs – den Vortrag der Beklagten für unlogisch hält, läßt sich mit juristischen Kategorien nicht fassen. Auch dies bleibt unsinniger Prozeßvortrag, […]“

„Insoweit hatte der Kläger anfänglich entweder vorsätzlich falsch vorgetragen, […] oder aber schlampig.“

„Der Kläger substantiiert bedauerlicherweise – und auch nicht erklärlich – nicht, ob […]“

Dabei macht das Gericht auch deutlich, dass es von einem anwaltlichen Vortrag eine gewisse Qualität erwartet:

„Gedankenführungen nach dem Muster […] führen zwangsläufig zu einer Verlängerung des Prozesses, weil das Gericht übermäßig Zeit darauf verschwenden muß, diesen Vortrag zu verarbeiten in der irrigen Annahme, weil es sich um anwaltlichen Vortrag handelte, müsse er von Sinn getragen sein.“

Verblüffend ist aber doch, dass das OLG die Klage nicht angewiesen hat, sondern sich der Mühe unterzogen hat, den richtigen Tatbestand zu suchen, auf den der Kläger offensichtlich nicht gekommen war:

„Nach zigfacher Lektüre der als Schriftsätze vom Kläger eingereichten rechtlichen und tatsächlichen Vortragssammlung schälte sich zuletzt noch etwas für den Kläger Günstiges heraus, das zum Tenor führte. Die Klage ist überwiegend begründet, weil […]“.

Ich weiß leider nicht, ob der Insolvenzverwalter sich nach diesen „Watschen“ irgendwo verkrochen hat oder es ihm einerlei war – denn immerhin hat ihm das Gericht eine Hauptforderung von 62.888,90 € zugesprochen, was 98 % des beantragten Betrages entspricht.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wurde vom BGH übrigens zurückgewiesen.

Und was lernen wir daraus?

1. Anfechtungsrecht ist kompliziert.
2. Nur Anwälte können, was Anwälte können 😉
3. iura novit curia – das Gericht kennt das Recht
4. Der Insolvenzverwalter hat immer Recht
5. Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn