Gerade haben Unternehmenskäufe Saison. Eine häufige Frage beim Kauf eines GmbH-Anteils lautet, wem eigentlich der bis zum Verkauf erwirtschaftete Gewinn (Gewinnanspruch) zusteht.

Entstehen des Gewinnauszahlungsanspruchs

Um diese Frage zu beantworten, muss man erst einmal verstehen, wie der Gewinnauszahlungsanspruch überhaupt entsteht. Dieser setzt voraus, dass der Jahresabschluss aufgestellt und von der Geschäftsführung festgestellt ist. Erst dann können die Gesellschafter einen Beschluss darüber fassen, wie der Jahresüberschuss oder der Bilanzgewinn verwendet wird; so in etwa steht es in § 29 GmbHG.

Für die Gesellschaft ist dabei „Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40) eingetragen ist“ (§ 16 Abs. 1 S.1 GmbH).

Das Zwischenergebnis lautet, dass der Gewinnauszahlungsanspruch gegenüber der GmbH demjenigen zusteht, der bei Fassung des Gewinnverwendungsbeschlusses Gesellschafter ist – also im Regelfall dem neuen Gesellschafter. Das ist auch sinnvoll, weil der Anteilsverkauf sich zwischen dem Altgesellschafter und dem Neugesellschafter vollzieht und „die Gesellschaft“ nicht weiß, was zwischen diesen vereinbart ist.

Dem entspricht auch die steuerliche Regelung in § 20 Abs. 5 Einkommensteuergesetz (EStG). Danach muss derjenige die Einkünfte aus Kapitalvermögen versteuern, dem die Anteile an dem Kapitalvermögen im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zuzurechnen sind.

Anspruch des Altgesellschafters gegen den Neugesellschafter

An dieses Zwischenergebnis schließt sich aber die Frage an, ob der Altgesellschafter einen Anspruch gegen den Erwerber hat, einen Teil des Gewinns an ihn weiterzuleiten.

Wenn im notariellen Kaufvertrag geregelt ist, wem der Gewinnanspruch zusteht, ist die Sache klar. Oft ist das aber nicht der Fall oder die Standardklausel im Vertrag ist so unbestimmt, dass nicht eindeutig ist, was gemeint ist.

Die Lösung steckt in diesem Fall im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Dort finden sich immer wieder an unerwarteten Stellen kluge Lösungen – so auch hier. In den §§ 90 ff. geht es darum, was „Sachen“ sind, was Grundstücke, was Grundstückszubehör und was landwirtschaftliches und gewerbliches Inventar ist – und darum was Früchte sind.

In § 101 BGB geht es um die Verteilung der Früchte, also der gezogenen Nutzungen.

„Ist jemand berechtigt“ – so steht es dort – „die Früchte einer Sache oder eines Rechts bis zu einer bestimmten Zeit oder von einer bestimmten Zeit an zu beziehen, so gebühren ihm, sofern nicht ein anderes bestimmt ist […] Früchte insoweit, als sie während der Dauer der Berechtigung fällig werden; bestehen jedoch die Früchte in der Vergütung für die Überlassung des Gebrauchs oder des Fruchtgenusses, in Zinsen, Gewinnanteilen oder anderen regelmäßig wiederkehrenden Erträgen, so gebührt dem Berechtigten ein der Dauer seiner Berechtigung entsprechender Teil“.

Den letzten Teil mit den Gewinnanteilen hat der Bundesgerichtshof (BGH) herangezogen und ist in seiner Entscheidung vom 30.01.1995 – II ZR 45/94 – zu dem Ergebnis gekommen, dass der Gewinn zwischen Altgesellschafter und Neugesellschafter entsprechend der Dauer ihrer jeweiligen Gesellschafterstellung zu verteilen ist. Aber, so schreibt der BGH:

„Da die Vorschrift dispositiv ist, ist Voraussetzung für ihre Anwendbarkeit freilich, daß die Beteiligten keine abweichenden Abreden zugunsten des Übernehmenden oder zugunsten des Übertragenden getroffen haben.“

Nur damit nichts durcheinandergerät: bei diesem Anspruch handelt es sich nicht um einen Anspruch des Altgesellschafters gegen die Gesellschaft, sondern um einen Anspruch gegen den Neugesellschafter (und wenn der keine Geld hat ist nichts zu holen).

Im konkreten Fall muss also immer der notarielle Kaufvertrag gelesen und wenn nötig ausgelegt werden oder – noch besser – gleich eine klare Regelung getroffen werden, wem der Gewinn zusteht.

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