Gestern hat der für Insolvenzrecht, Anwaltshaftung und Steuerberaterhaftung zuständige IX Zivilsenat des BGB an einem Tag gleich drei Leitsatzentscheidungen veröffentlicht – was für ein Fest.

In der Entscheidung IX ZR 37/17 geht es um Schadenersatzansprüche gegen den Insolvenzverwalter.

Der Fall ist relativ schnell erklärt. Die Schuldnerin hatte Rinder aus EU-Ländern in nicht EU-Länder exportiert. Der Insolvenzverwalter führte das Unternehmen auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fort.

n diesem Zusammenhang charterte die Schuldnerin bei einer in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässigen Gesellschaft ein Schiff um damit Rinder zu transportieren.

Danach schloss die Schuldnerin mit der Klägerin einen Beförderungsvertrag, in dem sie sich verpflichtete, Rinder aus den Vereinigten Staaten in einen Hafen am Schwarzen Meer zu transportieren. Dafür war ein Betrag in Höhe von rd. 1,8 Mio US-$ vereinbart worden. Darauf leistete die Klägerin wie vereinbart Vorauszahlungen in Höhe von rd. 1,2 Mio. US-$.

Danach kam es zu Differenzen zwischen der Schuldnerin und der Klägerin wegen der Versicherung des vereinbarten Viehtransportes. Die Schuldnerin verlangte von der Klägerin eine Freistellung von der Haftung für Transportschäden. Nachdem die Klägerin sich in dem nachfolgenden Schriftwechsel geweigert hatte, eine entsprechende Erklärung abzugeben, lehnte die Schuldnerin die Durchführung des Transportes ab. Daraufhin kündigte die Klägerin den Vertrag mit der Schuldnerin.

Diese weigerte sich, die Kündigung anzuerkennen, und erstattete die geleisteten Anzahlungen nicht zurück.

Danach ließ die Klägerin entsprechend dem Vertrag ein Schiedsverfahren vor einem Schiedsgericht in Stockholm durchführen. Das Schiedsgericht stellte fest, dass die Schuldnerin die Hälfte des von der Klägerin eingezahlten Vorschusses in Höhe von insgesamt 163.000 € zu tragen hat. Das Schiedsgericht stellte weiter fest, dass die Weigerung der Schuldnerin, den Transport ohne die Freistellungserklärung durchzuführen, unberechtigt war und verpflichtete die Schuldnerin zur Zahlung von Schadensersatz wegen Nichterfüllung in Höhe von 734.517,31 US-$ zuzüglich Zinsen und zur Freistellung der Klägerin von Ansprüchen einer Expo-Trade Pty Ltd. in Höhe von 2.882.884 US-$. Ferner belastete es die Schuldnerin mit den Kosten des Schiedsverfahrens in Höhe von 140.234 € und verpflichtete diese zur Übernahme der der Klägerin entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten in Höhe von 28.885 €.

Hierauf zeigte der Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzgericht Masseunzulänglichkeit an, also, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die fälligen Masseverbindlichkeiten zu erfüllen (§ 208 InsO).

Die Klägerin nahm daraufhin den Insolvenzverwalter persönlich auf Zahlung in Anspruch.

In der ersten Instanz wies das LG Hamburg die Klage ab. In der zweiten Instanz wurde der Insolvenzverwalter vom Hanseatischen Oberlandesgericht verurteilt, an die Klägerin 3.389.720,96 US-$ und 169.034,00 €, jeweils zuzüglich Zinsen, zu zahlen.

Nun musste der Bundesgerichtshof (BGH) entscheiden.

Der BGH setzt sich zunächst mit dem Umfang von Ansprüchen aus § 61 InsO auseinander. Er stellte fest, dass § 61 InsO ausschließlich die Haftung des Insolvenzverwalters für die pflichtwidrige Begründung von Masseverbindlichkeiten regelt und keine Sekundäransprüche umfasst, die aufgrund einer nicht auf der Unzulänglichkeit der Insolvenzmasse beruhenden Rücktrittserklärung des Vertragspartners der Insolvenzmasse kraft Gesetzes entstehen.

Der BGH stellt klar, dass die Insolvenzordnung keine Sondernorm zum Schutz von Vertragspartnern enthält. Es sei nicht gerechtfertigt, dem Vertragspartner der Masse mehr Rechte zuzusprechen als ihm außerhalb einer Insolvenz zuständen. § 61 InsO diene nicht dem Zweck, dem Vertragspartner der Insolvenzmasse einen zweiten Schuldner zu verschaffen, den er bei einer Geschäftsbeziehung außerhalb eines Vertragsschlusses mit einem Insolvenzverwalter nicht hat.

Im Ergebnis haftet der Insolvenzverwalter also nur, wenn er Verpflichtungen eingeht – z.B. Aufträge erteilt oder sich zu Leistungen verpflichtet – diese Verpflichtung dann aber nicht erfüllen kann, weil die Masse nicht ausreicht. Umfasst sind dabei – auch das stellt der BGH ausdrücklich klar – nicht nur Zahlungsverpflichtungen, sondern – so wie hier – beispielsweise auch Transportleistungen, die nicht erbracht werden können, weil die Mittel nicht ausreichen.

Insoweit kann der Insolvenzverwalter sich entlasten wenn er beweisen kann, dass er zum Zeitpunkt der Begründung der Masseverbindlichkeit einen – aus seiner damaligen Sicht – auf zutreffenden Tatsachen beruhenden und sorgfältig erwogenen Liquiditätsplan hat, der eine Erfüllung der fälligen Masseverbindlichkeit erwarten ließ.

Im Ergebnis ist die persönliche Haftung des Insolvenzverwalters also begrenzt, wenn es – wie es auch vom Geschäftsführer in der Krise der Gesellschaft verlangt wird – einen ordentlichen Liquiditätsplan aufstellt und Verbindlichkeiten nur begründet, wenn er diese nach seinen Planungen auch begleichen kann.

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