Jahrmarktstand (geschlossen)

Verhindert Datenschutz die Sanierung von Unternehmen?

Just gestern hat Pluta, eine der führenden Insolvenzverwalterkanzleien, ist einer Pressemeldung mitgeteilt, dass ein Verkauf der H&H Touristik-Gruppe nicht möglich ist und der Betrieb eingestellt werden muss.

Read more


Haftung des Kommanditisten und AGB und Anteilskauf (BGH)

Die Haftung der Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft bildet den Rahmen einer kürzlich ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofs bei der es um die Haftungsverteilung beim Kauf von Kommanditanteilen ging (BGH, Urteil vom 26. März 2019 - II ZR 413/18).

Hintergrund und systematische Einordnung

In der Kommanditgesellschaft gibt es zwei Arten von Gesellschaftern: Kommanditisten (auch "Teilhafter" genannt) und Komplementäre (auch "Vollhafter" genannt).

Der Komplementär führt die Geschäfte der Gesellschaft, haftet dafür aber unbeschränkt; der Kommanditist haftet nur mit seiner Einlage, ist in der Regel aber auch von der Geschäftsführung ausgeschlossen.

Die Haftungsbegrenzung zugunsten des Kommanditisten greift allerdings nur, soweit dieser seine Einlage tatsächlich geleistet hat (§ 171 Abs. 1 2. HS. HGB).

Hat er dies nicht getan, haftet er für Schulden der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage (§ 171 Abs. 1 2. HS. HGB). Das gleiche gilt, wenn der Kommanditist seine Haftungseinlage zwar formal erbracht hat, diese dann aber an ihn zurückgezahlt wurde (§ 172 Abs. 4 HGB).

Dabei müssen die Gläubiger der Gesellschaft nicht zuerst die Gesellschaft auf Leistung in Anspruch nehmen, sondern können sich direkt an den Kommanditisten wenden.

Wenn der Kommanditist daraufhin an die Gläubiger zahlt, wird er insoweit auch gegenüber den anderen Gläubigern frei.

Auch wenn diese Haftungsbefreiung nicht direkt im Verhältnis zwischen Gesellschafter und Gesellschaft bzw. deren Insolvenzverwalter gilt, muss der Gesellschafter nicht doppelt zahlen. Er hat nämlich in Höhe der Forderung einen Ersatzanspruch gegen die Gesellschaft (§ 110 HGB) - diesen kann er gegen die Forderung der Gesellschaft bzw. deren Insolvenzverwalter aufrechnen (BGH, Urteil v. 25.07.2017, II ZR 122/16).

Sachverhalt

Eine Gesellschaft, die gewerblich mit Geschäftsanteilen auf dem Zweitmarkt handelt, erwarb im Jahr 2008 vom späteren Beklagten dessen Kommanditanteil an der MS "B. " Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. Reederei KG im Nennwert von 900.000 € für einen Kaufpreis von rd. 530.000 €.

Der Kaufvertrag wurde am 25./26.8.2008 geschlossen, als "Stichtag für die wirtschaftliche Wirkung des Verkaufs und der Übertragung" wurde der 1.8.2008 vereinbart.

Bis zu dem vereinbarten Stichtag hatte der Beklagte aus der Beteiligung Ausschüttungen i.H.v. insgesamt 288.000 € erhalten.

Am 17.3.2009 wurde das Ausscheiden des Beklagten aus der Kommanditgesellschaft in das Handelsregister eingetragen.

Am 19.4.2014 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Kommanditgesellschaft eröffnet. Daraufhin forderte der Insolvenzverwalter die Klägerin unter Berufung auf § 172 Abs. 4, § 171 Abs. 1 HGB zur Rückzahlung der Ausschüttungen auf die von dem Beklagten erworbene Beteiligung auf.

Die Käuferin nahm daraufhin den Beklagten auf Freistellung durch Zahlung des Betrages von 288.000 € an den Insolvenzverwalter der Kommanditgesellschaft, hilfsweise auf Befreiung von der Inanspruchnahme durch den Insolvenzverwalter in dieser Höhe in Anspruch.

Dabei stützt sich die Klägerin auf ihre Allgemeinen Vertragsbedingungen in denen es heißt:

“Für Umstände, die die Kommanditistenhaftung vor dem Stichtag begründen, steht der Verkäufer ein, für Umstände, die die Kommanditistenhaftung ab dem Stichtag begründen, steht der Käufer ein. Die Parteien stellen sich insoweit wechselseitig frei.”

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Nachdem das LG dem Zahlungsantrag stattgegeben hatte, hat das OLG die Klage insgesamt abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg, der Verkäufer muss also nicht zahlen.

Dabei hat der BGH die Auffassung des OLG bestätigt, dass ein vertraglicher Freistellungsanspruch nicht besteht. Es hat die oben wiedergegebene Klausel für unwirksam erachtet, weil die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender von AGB, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen.

Dazu gehört nicht nur, dass die einzelne Regelung für sich genommen klar formuliert ist, vielmehr muss die Regelung auch im Kontext mit den übrigen Regelungen des Klauselwerks verständlich sein. Die Klausel muss außerdem die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für einen durchschnittlichen Vertragspartner so weit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Abzustellen ist dabei auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines typischen Vertragspartners bei Verträgen der geregelten Art.

Diesen Anforderungen wird die Freistellungsregelung in den allgemeinen Vertragsbedingungen der Käuferin nicht gerecht.

Die Pflichten, die durch die in den Vertragsbedingungen enthaltene interne Verteilung der Kommanditistenhaftung und die daran anknüpfende Freistellungsverpflichtung für den Verkäufer der Kommanditbeteiligung begründet werden, sind nach Ansicht des BGH weder hinreichend deutlich noch ausreichend klar und durchschaubar dargestellt, so dass auch die daraus folgenden wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für einen durchschnittlichen Vertragspartner der Klägerin nicht genügend erkennbar und einschätzbar sind.

Rechtsfolge eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot ist die Unwirksamkeit der betreffenden Bestimmung (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).

 

In unserem Blog finden Sie weitere Beiträge zum Gesellschaftsrecht.


Osterhasen

Grüne Soße und Osterspaziergang: optimale Unternehmensnachfolge

Wenn Sie Ostern bei strahlendem Sonnenschein im Kreise der Familie sitzen und den Enkeln zusehen, wie diese die versteckten Eier suchen, denken Sie vielleicht nicht an Ihr vorzeitiges Ende.

Schade eigentlich, denn wann kann man besser mit den lieben künftigen Erben besprechen, was mal werden soll, als bei Original Frankfurter Grüner Soße? Eben: gar nicht.

Wenn man dem DIHK-Report zur Unternehmensnachfolge 2018 glauben darf, sorgen in weiten Teilen des Mittelstandes die noch nicht geklärten Fragen bei der Anwendung des neuen Erbschaftsteuergesetzes für Verunsicherung.

Mittlerweile sollen 25 Prozent der potentiellen Nachfolger in der IHK-Beratung berichten, dass die Erbschaftsteuer die familieninterne Nachfolge erschwert (S.8). Und immerhin 18 Prozent der Senior-Unternehmer fürchten eine hohe Erbschaftsteuerbelastung (S.12) - für die Übernehmer wohlgemerkt.

Diese Sorge ist auch nicht ganz an den Haaren herbeigezogen, wie der Zoff im Hause Haub (Tengelmann) zeigt. Dort drohen nach dem Verschwinden von Karl-Erivan Haub Erbschaftsteuern in Höhe von etwa 450 Millionen Euro, was zu Differenzen zwischen den Familienstämmen führt.

Hintergrund: Kurz vor Weihnachten 2014 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Privilegierung von Betriebsvermögen bei der Erbschaftsteuer nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist (1 BvL 21/12). Im Jahr 2016 war dann nach erheblichen Diskussionen das Gesetz geändert worden.

Seither wird das Betriebsvermögen nach Wahl des Erwerbers zu 85 % (Regelverschonung) oder zu 100 % (Optionsverschonung) von der Steuer befreit, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Bei der Regelverschonung muss der Betrieb mindestens fünf Jahre fortgeführt werden. Hat der Betrieb mehr als 15 Beschäftigte, muss der Erwerber nachweisen, dass die Lohnsumme innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb in diesem Zeitraum insgesamt nicht um mehr als 20% gesunken ist.
  • Bei der Optionsverschonung muss der Erwerber eine Behaltensfrist von sieben Jahren einhalten und nachweisen, dass die Lohnsumme in diesem Zeitraum nicht gesunken ist.

So der einfach zu verstehende Grundsatz - der Teufel steckt natürlich im Detail.

Wenn Sie ohnehin eher arm sind, können Sie sich auf das Eier-essen konzentrieren, denn es gibt zusätzlich Freibeträge. Anders aber, wenn Ihr Osterfrühstück in der Familienvilla mit Seeblick stattfindet und Ihr Unternehmen auch Geld verdient (tatsächlich sollten Sie sich ab einem Vermögen von rd. 500 T€ Gedanken machen).

Weil die Erbschaft- und Schenkungsteuer doppelt progressiv ist, geht der Steuersatz nämlich bis hinauf zu 50 Prozent - das tut weh; noch mehr, wenn das Vermögen nicht als Geld auf der Bank liegt, sondern in Form von Maschinen irgendwo herumsteht.

Oft bleibt dann nur der Verkauf des Unternehmens (dabei begleiten wir Sie gerne - kein Problem).

Besser ist aber, Sie sprechen mit den potentiellen Erben über Ihre - und vor allem deren - Pläne und Wünsche. Ein Osterspaziergang ist da eine gute Gelegenheit, der bringt bekanntlich das Eis zum schmelzen.

Meistens dauert es etwas, bis es eine gemeinsame Linie gibt. Der Rest ist Handwerk und lässt sich gut mit Gesellschaftsverträgen, einem Testament und ggf. einem Erbverzichten regeln, damit am Ende mehr für alle übrig bleibt. Auch bei der Konzeption und Umsetzung dabei begleiten wir Sie natürlich gerne, machen Sie einfach einen Termin aus.

In diesem Sinne: Schöne Ostertage!

 


Marodes Haus

Mehr Unternehmensinsolvenzen als im Vorjahr

Seit fast einem Jahrzehnt ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen kontinuierlich gesunken.

Die vom Statistischen Bundesamt am 10.04.2019 veröffentlichten Zahlen scheinen nun eine Trendwende zu bestätigen, die sich „gefühlt“ schon länger angekündigt hat.

Im Januar 2019 lag die Zahl mit 1.700 Unternehmensinsolvenzen um 5,7% höher als im Januar 2018.

Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im Januar 2019 im Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen). Unternehmen des Baugewerbes stellten 265 Insolvenzanträge. Im Gastgewerbe wurden 208 Insolvenzanträge gemeldet.

Insolvenzstatistik Januar 2019

Allerdings waren weniger wirtschaftlich bedeutende Unternehmen betroffen, als im Jahr zuvor. Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus den beantragten Unternehmensinsolvenzen bezifferten die Amtsgerichte für Januar 2019 auf knapp 1,2 Milliarden Euro. Im Januar 2018 hatten sie bei rund 2,8 Milliarden Euro gelegen.

(Eine weitere Einschätzung des Kreditversicherers Atradius finden Sie hier: Corporate insolvencies begin to rise).

Diese Entwicklung lässt befürchten, dass wir mehr Arbeit in der Sanierung und im Insolvenzrecht bekommen, denn die gute Konjunktur und die niedrigen Zinsen haben viele Unternehmen etwas "faul" gemacht.

Leider werden viele Unternehmer so spät aktiv, dass sich nichts mehr retten lässt. Dann gibt es oft keine Möglichkeit mehr, das Unternehmen zu erhalten und für den Inhaber/Geschäftsführer die Haftung zu verhindern. Deswegen predige ich gebetsmühlenartig, so früh wie möglich aktiv zu werden - am besten, wenn es noch keine Probleme gibt. Dann lassen sich noch alle Weichen stellen.

Am besten gehen Sie auf Nummer sicher und buchen unseren Risiko-Check für Unternehmer - ohne Schnickschnack und zum Festpreis. Oder Sie vereinbaren einen Beratungstermin.


Verlassene Kaserne

Klappt ein Freikaufen von der Insolvenzanfechtung? (BGH)

Ob eine Insolvenzanfechtung droht, wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, ist in vielen Sanierungsgesprächen und -verhandlungen ein relevanter Punkt.

Abonnieren Sie kostenlos unseren NewsletterEine Voraussetzung, damit Handlungen durch den Insolvenzverwalter angefochten werden können, ist, dass diese Handlung die Gläubiger benachteiligt hat (§ 129 InsO). Wenn beispielsweise der Schuldner an einen Gläubiger zahlt, werden dadurch die anderen benachteiligt.

Aber wie ist es zu beurteilen, wenn es am Ende keine Forderungen von Insolvenzgläubigern gibt? Oder andersherum gefragt: kann ein potentieller Anfechtungsgegner sich dadurch freikaufen, dass er die Insolvenzgläubiger befriedigt?

In dem vom Bundesgerichtshof (BGH) am 14.02.2019 entschiedenen Fall (X ZB 25/17) ging es um folgenden Sachverhalt:

An die B waren nach dem Tod ihrer Mutter aus zwei Lebensversicherungsverträgen insgesamt rd. 33 T€ ausgezahlt worden. Da der B kein unwiderrufliches Bezugsrecht zugestanden hatte, hat der Insolvenzverwalter diese Auszahlung als unentgeltliche Leistung nach § 134 Abs. 1 InsO angefochten.

Es gab nur einen Insolvenzgläubiger mit einer zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderung von rd. 6 T€; dieser hat die Anmeldung zurückgenommen, nachdem die B seine Forderung befriedigt hatte.

In der Folge beantrage B die Einstellung des Verfahrens. Nachdem ihn das Gericht dazu aufgefordert hatte, beantragte der Insolvenzverwalter die Festsetzung seiner Vergütung. In die Berechnungsmasse hatte der Verwalter auch die Höhe des Anfechtungsanspruchs einberechnet - zu Recht, wie der BGH meint.

Die Vergütung ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 InsVV nach dem Schätzwert der Masse zur Zeit der Beendigung des Verfahrens zu berechnen. Einzubeziehen sind auch Vermögenswerte, die noch nicht verwertet worden sind.

Dies gilt allerdings nur in dem Umfang, in dem die Einziehung der Forderung zur Befriedigung aller Gläubiger - der Insolvenz- wie auch der Massegläubiger - erforderlich gewesen wäre. Nach Ansicht des BGH steht der Anfechtung auch nicht entgegen, dass nur ein einziger Insolvenzgläubiger vorhanden war. Weil die Begründung lesenswert ist, soll sie hier insoweit wiedergegeben werden (Rz 11 des Beschlusses):

Das Gesetz erklärt in § 129 Abs. 1 InsO Rechtshandlungen für anfechtbar, welche die Insolvenzgläubiger benachteiligen. Damit wird aber keine Mehrzahl von Insolvenzgläubigern vorausgesetzt. Es soll lediglich zum Ausdruck gebracht werden, dass die Insolvenzgläubiger in ihrer Gesamtheit benachteiligt sein müssen (BT-Drucks. 12/2443 S. 157); es genügt nicht, dass nur einzelne Gläubiger aus dieser Gesamtheit benachteiligt werden. Nur in diesem Sinne trifft die Aussage zu, dass die Benachteiligung eines einzelnen Gläubigers nicht genügt (vgl. Schmidt, InsO, 19. Aufl., § 129 Rn. 46). Ist nur ein Insolvenzgläubiger vorhanden, stellt dieser die Gläubigergesamtheit dar. Seine Benachteiligung kann die Anfechtung einer Rechtshandlung rechtfertigen.

Ebenso wenig steht der Anfechtung entgegen, dass die weitere Beteiligte zu 2 während des Nachlassinsolvenzverfahrens die Forderung des einzigen Insolvenzgläubigers befriedigt hat. Der Anfechtungsanspruch entstand mit der Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens. Zu diesem Zeitpunkt waren sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, einschließlich der unmittelbar durch die Zuwendung der Versicherungsleistungen bewirkten objektiven Gläubigerbenachteiligung. Die einmal gegebene Gläubigerbenachteiligung kann grundsätzlich nur dadurch wieder beseitigt werden, dass der Anfechtungsgegner den anfechtbar erhaltenen Gegenstand oder dessen vollen Wert im Sinne einer vorweggenommenen Befriedigung des individuellen Rückgewähranspruchs in das Vermögen des Schuldners zurückführt (BGH, Urteil vom 10. September 2015 - IX ZR 215/13, WM 2015, 1996 Rn. 15 mwN). Dies ist hier nicht geschehen.

Soweit der Bundesgerichtshof im Übrigen ausgeführt hat, die Insolvenzgläubiger würden nicht benachteiligt, wenn die Insolvenzmasse auch ohne Anfechtung und Rückgewähr des Erlangten ausreiche, um alle Gläubiger zu befriedigen (BGH, Urteil vom 19. September 1988 - II ZR 255/87, BGHZ 105, 168, 187; vom 20. Februar 2014 - IX ZR 164/13, BGHZ 200, 210 Rn. 20), ist damit der Fall gemeint, dass Insolvenzgläubiger vorhanden sind und die Masse groß genug ist, um zunächst die vorrangigen Kosten des Verfahrens und die sonstigen Masseverbindlichkeiten zu decken und sodann sämtliche Insolvenzforderungen zu befriedigen. Damit nicht vergleichbar ist der hier gegebene Fall, dass die Masse nicht ausreicht, um die Masseverbindlichkeiten und den (einzigen) Insolvenzgläubiger zu befriedigen, und der Anfechtungsgegner ausschließlich die Forderung des Insolvenzgläubigers begleicht.

Mit Freikaufen war hier also nichts.

Im wirtschaftlichen Ergebnis musste B also nicht nur die Forderung des einzigen Insolvenzgläubigers begleichen, sondern auch alle Masseverbindlichkeiten - hier die Vergütung des Verwalters und die Gerichtskosten - und sich dabei so behandeln lassen, als habe der Insolvenzverwalter den Anfechtungsanspruch erfolgreich durchgesetzt.

Kurze Auffrischung: Hier haben wir den Unterschied zwischen Insolvenzforderungen und Masseforderungen anhand eines BAG-Urteils erklärt.


Sonnenuntergang

Masseforderung oder Insolvenzforderung - Alles oder Nichts (BAG)

In einem Urteil vom 14.3.2019 hat das Bundesarbeitsgericht sich mit der Frage befasst, ob eine durch Auflösungsurteil in einem Arbeitsrechtsstreit zuerkannte Abfindung eine Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Satz 1 InsO ist (6 AZR 4/18).

Das Ergebnis: Ja, immer dann, wenn der Insolvenzverwalter das durch § 9 Abs. 1 KSchG eingeräumte Gestaltungsrecht selbst ausübt, indem er erstmals den Auflösungsantrag stellt oder diesen erstmals prozessual wirksam in den Prozess einführt.

Dagegen handelt es sich um eine bloße Insolvenzforderung i.S.d. § 38 InsO wenn der Insolvenzverwalter lediglich den von ihm vorgefundenen, bereits rechtshängigen Antrag des Schuldners weiterverfolgt und an dem so schon von diesem gelegten Rechtsgrund festhält.

Insolvenzforderung oder Masseforderung?

Der Fall gibt Anlass, sich noch einmal den Unterschied zwischen Insolvenzforderungen und Masseforderungen klar zu machen - und was es wirtschaftlich bedeutet.

Was Insolvenzforderungen sind, ergibt sich aus § 38 InsO. Dabei handelt es sich um Forderungen, die zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet sind. Der Zeitpunkt der Entstehung der Forderung sowie deren Fälligkeit sind für diese Einordnung nicht wichtig; entscheidend ist, dass ihr Rechtsgrund zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits gelegt war bzw. der den Anspruch begründende Tatbestand bereits vor der Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen war.

Hingegen sind Masseforderungen neben den Kosten des Verfahrens vor allem:

  • die durch Handlungen des Insolvenzverwalters oder in anderer Weise durch die Verwaltung, Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse begründeten Verbindlichkeiten (§ 55 Abs.1 Nr. 1 InsO)
  • Forderungen aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird oder für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss (§ 55 Abs.1 Nr.2 InsO);
  • Forderungen aus einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse (§ 55 Abs.1 Nr.3 InsO);
  • Forderungen aus einem Dauerschuldverhältnis, soweit der vorläufige Insolvenzverwalter für das von ihm verwaltete Vermögen die Gegenleistung in Anspruch genommen hat (§ 55 Abs.2 S.2 InsO) und - für Sie weniger wichtig -
  • Forderungen aus dem Steuerschuldverhältnis, die von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines vorläufigen Insolvenzverwalters begründet worden sind (§ 55 Abs.4 InsO).

Im obigen Verfahren war es so, dass der Anwalt des gekündigten Arbeitnehmers am 26.01.2015 Kündigungsschutzklage eingereicht hatte und drei Tage darauf, am 29.01.2015, das vorläufige Insolvenzverfahren angeordnet wurde. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.04.2015 hat der Kläger das zwischenzeitlich unterbrochene Verfahren gegen den zum Insolvenzverwalter bestellten Beklagten aufgenommen. Mit Schriftsatz vom 08.04.2016 hat der Beklagte erklärt, an dem Auflösungsantrag festzuhalten. Da dies nach Insolvenzeröffnung war, handelt es sich um eine Masseverbindlichkeit.

Und warum ist das wichtig?

Insolvenzforderungen werden in die Insolvenztabelle aufgenommen; das am Ende des Verfahrens zur Verfügung stehende Geld wird dann auf alle Insolvenzgläubiger gleichmäßig quotal verteilt (§ 187 ff. InsO)

Ende März hat destatis dazu eine Pressemeldung veröffentlicht: Bei Insolvenzverfahren in Deutschland, die im Jahr 2010 eröffnet und bis Ende 2017 beendet wurden, mussten die Gläubiger auf 96,1% ihrer Forderungen verzichten.

Bei Insolvenzverfahren von Unternehmen lag die Deckungsquote bei 6,2% (Ausfall 93,8%). Bei Verbraucherinsolvenzverfahren war sie mit 2,0% deutlich geringer (Ausfall 98%). Mit anderen Worten: wenn Sie nur eine Insolvenzforderung zur Tabelle anmelden, sind die Chancen, dass Sie das Geld wiedersehen sehr gering.

Die Masseforderungen sind hingegen vorab zu befriedigen (§ 53 InsO). Erst wenn diese beglichen sind, kommen die Insolvenzgläubiger mit ihren Forderungen an die Reihe. Zudem haftet der Insolvenzverwalter wenn er sehenden Auges Masseverbindlichkeiten begründet, die er dann nicht erfüllen kann (§ 61 InsO).

Als Massegläubiger stehen Ihre Chancen als deutlich besser.

Fragen zum Insolvenzrecht? Sprechen Sie uns an.


Blick auf Innenhof

Achtung: Gefährliche Bilanzgarantie beim Unternehmenskauf

Gerade habe ich das Thema wieder auf dem Tisch: In so gut wie jedem Unternehmenskaufvertrag gibt es Klauseln, in denen der Verkäufer versichert, dass die dem Käufer vorgelegten Jahresabschlüsse "richtig" sind.

Eine typische Bilanzgarantie lauten beispielsweise:

Der Jahresabschluss ist mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns, unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften erstellt worden und vermittelt ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft.

Das klingt harmlos, denn dass die Bilanz ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermitteln muss (sog. "true an fair view") steht ohnehin in § 264 Abs.2 HGB und ein ordentlicher Kaufmann ist der Verkäufer schließlich sowieso.

Allerdings wird diese Klausel seit einem viel diskutierten Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 07.05.2015 (26 U 35/12) als objektive oder "harte" Bilanzgarantie verstanden.

Damit verspricht der Verkäufer die vollständige sachliche Richtigkeit der Bilanz bzw. des Jahresabschlusses. Im Zweifel kann dies auch eine Haftung für Sachverhalte bedeuten, die ihm im Zeitpunkt der Erstellung der Bilanz bzw. des Jahresabschlusses unbekannt waren.

Wenn die Bilanz dann doch falsch war, hat der Verkäufer der Käufer so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die entsprechende Garantie richtig wäre. Für die Berechnung des Schadens gibt es zwei Lösungsmöglichkeiten:

  • Zum Einen die sogenannte Bilanzauffüllung. Dabei wird verglichen, wie der Wert der entsprechenden Bilanzposition in der „garantierten″ Bilanz abgebildet war und wie dieser in der "korrekten" Bilanz hätte abgebildet werden müssen. Der zu ersetzende Schaden ist dann die Differenz zwischen diesen Werten.
  • Zum Anderen den Kaufpreisdifferenzschaden. Dabei wird der tatsächlich gezahlte Kaufpreis mit dem hypothetischen Kaufpreis verglichen, der bei Zugrundelegung der „korrekten“ Bilanz gezahlt worden wäre. Die Frage ist dann, ob und wie sich die Abweichung auf die Unternehmensbewertung ausgewirkt hat.

Angesichts dieser Folgen und der Haftung für Tatbestände die ihm nicht bekannt waren, ist es für den Verkäufer sinnvoll, die Bilanzgarantie auf seine subjektive Kenntnis zu beschränken und etwa zu formulieren:

Die Bilanz ist mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns und unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften erstellt worden und vermittelt nach dem Wissen des Verkäufers ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft.

Schnee-Gronauer: UnternehmensverkaufKleiner Unterschied - große Wirkung!

Außerdem sollte definiert werden, wann eine Bilanz überhaupt falsch ist und dafür der - wie Juristen sagen - normativ-subjektive Fehlerbegriff des Handelsrechts zugrunde gelegt werden und geregelt werden. Außerdem sollte geregelt werden, welchen Schaden der Verkäufer dem Käufer zu ersetzen hat, falls die Garantie sich als falsch erweist. Ein Formulierungsbeispiel kann so aussehen:

Der Verkäufer ist dem Käufer zum Ersatz des Schadens verplichtet, falls die vorgenommene Bilanzierung gegen einschlägige gesetzliche Vorschriften einschließlich der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung verstößt und ein ordentlicher Kaufmann diesen Verstoß nach den im Zeitpunkt der Bilanzaufstellung bestehenden Erkenntnismöglichkeiten bei pflichtgemäßer Prüfung hätte erkennen können.

Als Schaden gilt die Differenz zwischen dem korrekten Bilanzansatz und dem tatsächlichen Bilanzansatz (Bilanzauffüllung). Eine Haftung für Schäden aufgrund unrichtiger Bewertung, unrichtiger Annahmen oder Berechnungen des Kaufpreises beziehungsweise einzelner Positionen des Kaufpreises wird ausgeschlossen.

So kann der Verkäufer deutlich besser schlafen.


Hamburg Gericht Sievekingplatz

Vorsicht Falle: Kapitalerhaltung vs. Einziehungsentgelt (BGH)

Ein Mittel, um einen Mitgesellschafter aus einer GmbH herauszubekommen oder zu verhindern, dass Dritte - z.B. ein Insolvenzverwalter - ungewollt Gesellschafter werden, ist die Einziehung des Anteils. Dabei wird der Anteil vernichtet, wodurch sich dei Beteiligungsquoten der übrigen Gesellschafter ändern. Grundsätzlich erfolgt die Einziehung - auch "Amortisation" genannt - durch Gesellschafterbeschluss und dessen formfreie Mitteilung an den betroffenen Gesellschafter.

Da gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 GmbHG die Summe der Nennbeträge aller Geschäftsanteile - auch im Falle einer Einziehung - mit dem Stammkapital übereinstimmen muss, kann die Einziehung mit einer Kapitalherabsetzung verbunden werden, die Summe der Nennbeträge der Geschäftsanteile durch nominelle Aufstockung an das Stammkapital angepasst oder ein neuer Geschäftsanteil gebildet werden.

Das Gesetz äußert sich recht spärliSchema der Einziehung eines Gesellschaftsanteilsch zur Einziehung. Rechtsgrundlage ist § 34 GmbHG, der lautet:

Einziehung von Geschäftsanteilen
(1) Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsanteilen darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist.
(2) Ohne die Zustimmung des Anteilsberechtigten findet die Einziehung nur statt, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren.
(3) Die Bestimmung in § 30 Abs. 1 bleibt unberührt.

Nahezu alle GmbH-Satzungen sehen entsprechende Regelungen vor. Einziehungsgründe sind meist die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters, die Verpfändung der Anteils oder ein schwerwiegender Verstoß gegen gesellschaftsrechtliche Pflichten.

Interessant ist der Verweis auf § 30 GmbHG in Abs. 3 der Vorschrift. Dieser lautet:

Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktiengesetzes) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind. Satz 1 ist zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

Und hier ist Vorsicht geboten, wenn der Einziehungsbeschluss nicht unwirksam sein soll.

Ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschrift des § 30 Abs.1 GmbHG führt nämlich dazu, dass ein Einziehungsbeschluss entsprechend § 241 Nr. 3 AktG nichtig ist, wenn bereits bei Beschlussfassung feststeht, dass das Einziehungsentgelt nicht aus freiem, die Stammkapitalziffer nicht beeinträchtigenden Vermögen der Gesellschaft gezahlt werden kann (siehe z.B. BGH vom 24.01.2012 – II ZR 109/11 und vom 10.05.2016 – II ZR 342/14).

Das gilt auch dann, wenn die Gesellschaft über stille Reserven verfügt, deren Auflösung ihr die Bezahlung des Einziehungsentgeltes ermöglichen würde. Von einer stillen Reserve spricht man, wenn der Buchwert eines Gegenstandes unter dessen Verkehrswert liegt - wird der Gegenstand verkauft, werden die stillen Reserven realisiert.

Nach Auffassung des BGH gilt für das im Gläubigerinteresse bestehende Auszahlungsverbot nach § 30 Abs. 1 Satz 1, § 34 Abs. 3 GmbHG eine bilanzielle Betrachtungsweise. Auszahlungen an (ausgeschiedene) Gesellschafter dürfen nicht zur Entstehung oder Vertiefung einer Unterbilanz führen. Deren Vorliegen bestimmt sich nicht nach den Verkehrswerten, sondern nach den Buchwerten einer stichtagsbezogenen Handelsbilanz; stille Reserven finden demnach keine Berücksichtigung.


Unternehmensverkauf Unternehmensnachfolge Niedersachsen

Was bei Unternehmenskaufverträgen üblich ist - und warum Unternehmen gekauft werden

In der vergangenen Woche haben die Kollegen von CMS die Ergebnisse ihrer „European M&A Study“ vorgestellt, die seit nunmehr 11 Jahren erscheint und für die dieses Mal Daten von 458 Transaktionen aus dem Jahr 2018 ausgewertet wurden.

Ein Ziel der Studie ist es, herauszufinden, wie ein "typischer" Unternehmenskaufvertrag aussieht. Die wesentlichen Ergebnisse lassen sich der frei verfügbaren Zusammenfassung und der Pressemeldung entnehmen, Nämlich:

Kaufpreisanpassungsklauseln werden seltener vereinbart

Unternehmenstransaktionen können sich hinziehen und zwischen Vertragsunterzeichnung und Vollzug kann es zu einer negativen Entwicklung der Vermögenswerte kommen. Ein Instrument um dieses Risiko für den Käufer zu reduzieren sind Kaufpreisanpassungsklauseln.

Bei rund 44% der von CMS ausgewerteten Transaktionen wurde eine Kaufpreisanpassung vereinbart, im Vergleich zu 48% im Vorjahr. Die Verfasser sehen darin eine „deutliche Trendumkehr gegenüber den letzten Jahren“.

Signifikante Zunahme der Locked-Box-Regelungen

Eine Locked-Box-Klausel ist ein Mechanismus zur Kaufpreisfindung. Dabei wird der Kaufpreis basierend auf den letzten verfügbaren Jahresabschlüssen festgelegt. Der Kaufpreis ist fix – eine nachträgliche Anpassung findet nicht statt. Im Gegenzug dürfen bis zum Vollzug der Transaktion mit Ausnahme besonders geregelter Ausnahmen keine Mittel aus der Gesellschaft abfließen.

Bei den von CMS ausgewerteten Transaktionen, die keine Kaufpreisanpassung enthielten, kam 2018 in 59% der Fälle eine Locked-Box-Regelung zur Anwendung – 10%-Punkte mehr als im Jahr zuvor.

Earn-outs werden beliebter

Ein Earn-out ist ein Mechanismus, bei dem ein Teil des Kaufpreises von der künftigen Entwicklung des Zielunternehmens abhängt. Hierdurch tragen Verkäufer und Käufer die Risiken gemeinsam und teilen sich die Zukunftschancen.

Der Anteil der Abschlüsse mit Earn-out-Regelung stieg in den von CMS ausgewerteten Transaktionen gegenüber dem Vorjahr auf 23% (Vorjahr 21%).

Gleichzeitig setzt sich der Trend zu längeren Earn-out-Fristen fort. Der Anteil der Transaktionen mit Fristen von 24 bis 36 Monaten stieg 2018 in den ausgewerteten Transaktionen auf 30 % und der mit Fristen von mehr als 36 Monaten auf 23 %.

Bei Transaktionen jeder Größenordnung wurde das EBIT/EBITDA mit 39 % immer noch am häufigsten als Earn-out-Basis genommen. 2018 sank der Anteil der Earn-outs die auf dem Umsatz beruhen auf 33 %.

Schiedsklauseln noch nicht Standard 

Schiedsklauseln wurden in 33% der ausgwerteten Transaktionen als Streitlösungsmittel gewählt. Ihr Anteil ist gegenüber 2017 (29%) erneut leicht gestiegen, liegt allerdings immer noch leicht unter dem Durchschnitt der vorherigen acht Jahre (2010 – 2017).

Verkäufer haftet für "Alt"-Steuern

Die Freistellung des Käufers von Steuerrisiken, die vor dem Closing entstanden sind, wurde 2018 bei 61% der ausgewerteten Transaktionen vereinbart. Der Anteil lag geringfügig höher als im Vorjahr und dem Durchschnitt der vorherigen acht Jahre (jeweils 58%).

Bagatellklauseln (sog. Baskets) sind üblich

Die Basket-Regelung ist eine Vertragsklausel, mit der Bagatellansprüche ausgeschlossen werden: Vertragspartner dürfen Gewährleistungsansprüche nur geltend machen, wenn die Gesamtsumme aller Ansprüche eine bestimmte Grenze überschreitet. Es kann dabei vereinbart werden, dass nur der die Grenze übersteigende Betrag oder der gesamte Schaden erstattungsfähig ist.

Der Anteil der Deals mit Basket-Regelung blieb 2018 mit 68% fast unverändert. Dies entspricht dem für den Zeitraum der letzten acht Jahre ermittelten Jahresdurchschnitt.

Vereinbarung von Haftungshöchstgrenzen sind Standard 

Eine Haftungshöchstgrenze von weniger als 50% des Kaufpreises wurde 2018 bei 58 % der M&A-Transaktionen angewandt. 2017 lag der Anteil bei 59%. Lediglich bei 11 % der Deals wurde keine Haftungshöchstgrenze vereinbart. Bei 27 % der Transaktionen galt eine Haftungshöchstgrenze in Höhe des Kaufpreises. Beide Werte blieben damit im Vergleich zum Vorjahr stabil.

Längere Verjährungsfristen

Die Zahl der Deals mit Verjährungsfristen von mehr als 24 Monaten stieg 2018 deutlich. Bei Transaktionen von unter 25 Mio. € stieg der Anteil der Abschlüsse mit Verjährungsfristen von mehr als 24 Monaten gegenüber dem Vorjahr sogar von 19% auf 24%. Auch bei größeren Transaktionen gab es einen leichten Trend zu längeren Verjährungsfristen.

Absicherung der Garantieansprüche

Der Anteil der von CMS ausgewerteten Transaktionen, bei denen im Jahr 2018 Garantieansprüche abgesichert wurden, nahm gegenüber 2017 von 30% auf 31% zu. Wie schon in den Vorjahren, konnten die Verkäufer eine solche Absicherung weitgehend vermeiden. Die Verfasser der Studie führen das auf den vermehrten Abschluss von W&I-Versicherungen zurück.

Rekordjahr für Warranty-&-Indemnity-Versicherungen (W&I)

Zunehmend umgehen Verkäufer das Haftungsrisiko, indem sie dem Käufer eine fertige W&I-Police anbieten. Annähernd ein Drittel (30%) der Transaktionen im Wert von mehr als 100 Mio. € enthalten inzwischen eine derartige Versicherung.

Bei einer W&I-Versicherungen handelt es sich um eine Gewährleistungsversicherung, die meist vom Käufer abgeschlossen wird. Sie sichert den Käufer gegen Risiken aus dem Unternehmenserwerb ab.

 

Interessant ist auch, was aus Sicht des Käufers den Ausschlag für den Erwerb des Unternehmens gegeben hatte. Die Rangfolge sieht wie folgt aus:

  1. Übernahme eines Lieferanten (d. h. Eintritt in einen neuen Markt) bei 32 % der Transaktionen;
  2. Erwerb von Know-how oder Fachkräften (Acqui-hire-Transaktionen) bei 23 % der Deals; und
  3. Übernahme eines Konkurrenten bei 20 % der untersuchten Transaktionen.

Unternehmenskäufe sind damit längst auch Mittel des Wachstums in andere Märkte (Stichworte: "Risikostreuung" und "Diversifizierung") und zum Mittel um an knappe Fachkräfte zu kommen. Beides deckt sich mit unseren Beobachtungen.

 

Fragen zum Unternehmensverkauf? Vereinbaren Sie jetzt unverbindlich einen Termin mit uns.


Flaggen

Der EU-Restrukturierungsrahmen kommt: Sanierungschancen für Unternehmen und Private

Gestern hat das Europaparlament das Ergebnis der interinstitutionellen Verhandlungen über die "Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über präventive Restrukturierungsrahmen, die zweite Chance und Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren" gebilligt (Pressemeldung).

Dieser EU-Restrukturierungsrahmen zielt darauf ab, die "Sanierungskultur" von Unternehmen zu verbessern und Hindernisse für den freien Kapitalfluss durch Umstrukturierungs- und Insolvenzverfahren in den Mitgliedstaaten zu beseitigen. Jedenfalls seit 2014 arbeitet die EU bereits an diesem Vorhaben - hier finden Sie relevante Dokumente dazu.

„Wir möchten den Unternehmergeist fördern, indem wir Umstrukturierungen oder Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten erleichtern. Dazu gehören Start-ups, die beim ersten Mal nicht erfolgreich sind. Oft wird Scheitern als Stigma gesehen, aber eigentlich ist es ein Teil des Lernprozesses. Junge Menschen müssen motiviert werden, Unternehmen zu gründen, und diese Richtlinie wird ihnen bei Schwierigkeiten helfen“, wird die Berichterstatterin Prof. Dr. Angelika Niebler zitiert.

Der Insolvenzrahmen umfasst - wie schon der eingängige Titel der Richtline sagt - drei Hauptbereiche:

  1. Präventiver Umstrukturierungsrahmen: Durch ein Moratorium soll den Unternehmen die Möglichkeit eröffnet werden, in ausreichender Zeit einen erfolgversprechenden Restrukturierungsplan zu erstellen und mit den betroffenen Gläubigern zu verhandeln. Das Moratorium soll zunächst auf vier Monate begrenzt bleiben und kann nur bei relevantem Fortschritt in den Verhandlungen und weiteren Voraussetzungen auf maximal zwölf Monate verlängert werden. Der während des Moratoriums zu entwickelnde Restrukturierungsplans ist das zentrale Instrument der Richtlinie.
  2. Zweite Chance für ehrlich zahlungsunfähige oder überschuldete Unternehmer durch vollständige Schuldenentlastung nach maximal drei Jahren mit Schutzmaßnahmen gegen Missbrauch - das wird die Restschuldbefreiungsphase in Deutschland für alle Schuldner deutlich verkürzen.
  3. Maßnahmen für die Mitgliedstaaten zur Steigerung der Effizienz von Insolvenz-, Umstrukturierungs- und Entlastungsverfahren, insbesondere die zweckmäßige Behandlung der Verfahren

Nun muss der Rat die Richtlinie billigen, bevor Sie im Amtsblatt veröffentlicht wird. Danach muss diese noch durch die nationalen Gesetzgeber in das jeweilige Recht umgesetzt werden. Die Umsetzungsfrist beträgt zwei Jahre.

Der Kollege Daniel Friedemann Fritz gibt in einem im Januar erschienenen Aufsatz in der InDat (pdf) einen Überblick über das Sanierungsverfahren und der Kollege Friedrich Cranshaw hier.